Weil er kein Geld zaubern konnte: Voodoo-Master in Leipzig entführt
Leipzig/Magdeburg - Es ist einer der schrägsten Fälle in der sächsischen Kriminalgeschichte: Ein in Leipzig lebender Afrikaner hat sich als Voodoo-Master versucht und leichtgläubigen Menschen weisgemacht, mit einem geheimen Zauber-Cocktail und Beschwörungsformeln deren Geld vervielfachen zu können. Doch er geriet an die Falschen - und wurde Opfer einer filmreifen Entführung.
Rumpelstilzchen konnte aus Stroh Gold spinnen. Und alles, was König Midas berührte, wurde zu Gold. Ob Grimms Märchen oder die mythische Überlieferung Inspiration für das Geschäftsmodell von Lionel N. (30) waren, bleibt sein Geheimnis.
Der Mann aus Kamerun jedenfalls behauptete, aus weißem Papier Geld zaubern zu können. Neben einem geheimen Chemie-Cocktail und Beschwörungsformeln brauchte es für den Voodoo-Zauber nur noch echtes Geld. Und das sammelte "Master N." von leichtgläubigen Opfern ein.
Im konkreten Fall war es die aus Syrien stammende, in Magdeburg lebende Familie M., die dem faulen Zauber auf den Leim ging und Anfang vergangenen Jahres 15.000 Euro übergab.
Verabredet wurde, dass Lionel N. die Summe in ein Vielfaches verwandeln und, abzüglich einer angemessenen Zauber-Provision, den vermehrten Zaster am 10. Januar um 12 Uhr im feinen Magdeburger Maritim-Hotel übergeben sollte. Erwartbarer Weise warteten die Syrer dort allerdings vergeblich auf ihren Voodoo-Zauberer und den versprochenen Geldsegen.
Maskierte Täter und Pistolenschüsse: Filmreife Entführung aus Leipzigs längster Platte
Was schier unglaublich klingt, firmiert in deutschen Polizeidienststellen als "Wash Wash"-Trickbetrug. Auch im Landeskriminalamt Sachsen ist er bekannt, kommt nach dessen Auskunft hier allerdings seltener vor als in westdeutschen Bundesländern. Als Tatverdächtige wurden bislang fast immer Männer aus Westafrika ermittelt.
Allerdings hatte sich "Master N." mit den Falschen angelegt. Dem aus Aleppo stammenden Familienclan M. gelang es, Lionel N. in Leipzig ausfindig zu machen. Der wohnte in Leipzigs längster Platte, der "Langen Lene" in Probstheida.
Den polizeilichen Ermittlungen zufolge rückten die Syrer noch am 10. Januar nachts dort an und brachten Lionel N. in ihre Gewalt. Anwohner berichteten der Polizei später von einer filmreifen Entführung, bei der die Täter maskiert waren und auch Schüsse aus einer Pistole fielen.
Weil sie bei N. kein Geld vorfanden, sollen die Geprellten den Afrikaner nach Magdeburg verschleppt, dort misshandelt und ihn dann gezwungen haben, seinen in Frankreich lebenden Onkel anzurufen, damit dieser die 15.000 Euro besorge. Da der Mann jedoch in Kamerun weilte, ging der Lösegeld-Plan nicht auf.
Spezialkräfte überwältigen Entführer mitten in der Nacht
Also wurde der inzwischen ziemlich ramponierte Voodoo-Mann wieder ins Auto gepfercht und nach Leipzig zurückgefahren.
Offenbar wollten die M.s auf der Suche nach ihrem Geld noch mal dessen Wohnung auf den Kopf stellen. Was sie nicht wussten: Nach Hinweisen von Augenzeugen der Entführung observierte die Polizei das Haus. Als die Entführer am 12. Januar gegen 2.30 Uhr dort mit der Geisel anrückten, wurden sie von Spezialkräften überwältigt.
Familienoberhaupt Jamal M. (48), seine zwei Söhne und zwei Helfer stehen ab dem heutigen Donnerstag vor dem Leipziger Landgericht.
Den ursprünglichen Opfern des faulen Voodoo-Zaubers wird Geiselnahme, erpresserischer Menschenraub und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Gegen "Master N." wird wegen Betruges ermittelt.
Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Titelfoto: Bildmontage: Silvio Bürger ; Alexander Bischoff