Student soll Esoterikerin brutal ermordet haben! Doch liegt die Kripo wirklich richtig?
Leipzig - Die brutale Tötung einer Esoterikerin in einem Wohnhaus an der Leipziger Hardenbergstraße beschäftigt die Justiz. Die Staatsanwaltschaft hält einen Mathematik-Studenten für den Mörder und wirft ihm Habgier vor. Doch die Geschichte steckt voller Unstimmigkeiten und Rätsel, die nun das Landgericht lösen muss.
Beginnen wir mit der Version der Staatsanwaltschaft: Ekkehart J. (31) soll demnach am Nachmittag des 18. September 2020 in Tötungsabsicht die im Geschoss über ihm wohnende Sylvia G. (61) aufgesucht haben.
Als die im Haus wegen ihres Hangs zur Esoterik als "etwas sonderbar" beschriebene Frau die Tür öffnete, stürzte sich der Student laut Anklage sofort auf sie, würgte sie bis zur Ohnmacht und steckte dem Opfer dann ein Wischtuch als Knebel in den Mund.
Nach mehreren Tritten gegen den Kopf sei er dann in die Küche gegangen und habe ein Obstmesser geholt, mit dem er auf Kopf und Hals der Frau einstach, berichtete Staatsanwältin Katharina Thieme.
Als die dünne Klinge abbrach, soll Ekkehart J. das nächste Obstmesser geholt haben, bis auch dessen Klinge am harten Schädelknochen brach. Mit Messer Nummer drei ging die Tortur weiter.
Insgesamt 14 Einstiche fanden Rechtsmediziner später an Kopf und Hals der Leiche.
Zahlreiche Einstiche im Kopf: Opfer "übertötet"
Nachdem er vom Tod der Frau überzeugt war, habe er die Wohnung nach Wertgegenständen durchsucht, 1000 Euro, die EC-Karte und den Ausweis des Opfers geraubt, so die Anklage.
Anschließend habe er den Schlüssel der Nachbarin genommen und deren Wohnung von außen verschlossen.
Erst 12 Tage später wurde das Verbrechen entdeckt, weil die Betreuerin der psychisch kranken Sylvia G. ihre Klientin nicht mehr erreicht hatte.
Ein Raubmord auf eine mittellose Frau mit untauglichen Obstmessern als Waffe und dieser Vielzahl an Einstichen im Kopf? Solche Spurenlagen kennt die Kriminalistik sonst eher von hochemotionalisierten Tätern, die ihr Opfer aus purem Hass "übertöten" - das heißt, die mehr Gewalt anwenden, als für die bloße Tötung notwendig wäre.
Für einen geplanten Raubmord ist dieses Vorgehen jedenfalls ungewöhnlich. Zumal überlegt handelnde Täter ihre Waffen in der Regel zum Tatort mitbringen und nicht in die Besteckkiste des Opfers greifen.
Angeklagter Ekkehart J. will sich erst im August äußern
Und welche Version präsentiert der Angeklagte? Vorerst keine. Schon während der Ermittlungen hatte Ekkehart J. geschwiegen.
Aber: "Mein Mandant wird die Tötung einräumen, jedoch dem Vorwurf des Raubmordes entgegentreten", kündigte Verteidiger Dr. Malte Heise heute an. Die ausführliche Einlassung solle jedoch erst im August erfolgen. Doch Anwalt Heise machte bereits Andeutungen: Das psychisch auffällige Opfer sei permanent auf der Suche nach Unrecht im Wohnhaus gewesen, erklärte der Jurist.
Der Student hingegen, der ein "freundlicher und liebenswürdiger Mensch" sei, hätte aufgrund einer "großen Lebenslüge" panische Angst gehabt, seine Lebensgefährtin zu verlieren. An jenem verhängnisvollen 18. September sei beides aufeinandergetroffen, so Heise.
Die ganze Geschichte will der Student dem Gericht am 12. August erzählen.
Titelfoto: Silvio Bürger