Leipzig - Sie wollte ein neues, selbstbestimmtes Leben führen - doch das war ihr Todesurteil. Am 21. Mai wurde in Leipzig die zweifache Mutter Jessica S. (30) erstochen. Von ihrem ehemaligen Lebensgefährten, der die Trennung nicht akzeptieren wollte. Am heutigen Dienstag begann vor dem Landgericht der Prozess gegen Marcus K. (41).
Die Anklage lautet auf heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen. Als Staatsanwältin Vanessa Fink den Tatvorwurf verliest, dabei von einem "Handlungsmotiv auf sittlich tiefster Stufe" spricht, verzieht der Angeklagte keine Miene. Augenscheinlich teilnahmslos starrt Marcus K. ins Leere.
Das Leben von Jessica S. endete kurz nach Mitternacht - im Schlaf. Die Wohnungsnot in Leipzig war der hübschen Modeverkäuferin zum Verhängnis geworden. Weil sie nach der Trennung von Marcus K. nicht gleich eine bezugsfertige Wohnung fand, lebte sie mit dem gemeinsamen Sohn (damals 4) und ihrer Tochter (damals 10) weiterhin mit dem selbstständigen Fliesenleger unter einem Dach.
Bekannte berichteten, dass Marcus K. die letzten Wochen im Leben der Frau zur Tortur machte.
Liebesschwüre, Tränen und Suizidankündigungen hätten sich abgewechselt, zudem sei der Angeklagte in einen Kontrollwahn verfallen. Das Herz der jungen Mutter bekam er nicht zurück.
Tatwaffe bis heute verschwunden
So hockte er sich nach Mitternacht zu der auf dem Sofa schlafenden Jessica. Dem Verletzungsmuster nach strich er ihr erst mit der Klinge fast schon rituell über den Hals. Dann, so beschreibt es die Anklage, stach er zu. Nur einmal, aber gezielt in die rechte Halsseite. Die Klinge durchtrennte dabei sowohl die große Halsschlagader als auch die Halsvene. Die im Schlaf überraschte Jessica verblutete.
Den Anblick der mit weit aufgerissenen Augen sterbenden Jessica habe der Angeklagte nicht ertragen können, weshalb er ihr die Decke über den Kopf zog, so Staatsanwältin Fink. Am Morgen weckte er die ahnungslos im Nebenzimmer schlafenden Kinder, erzählte ihnen, dass die Mama bereits zur Arbeit gegangen sei und schaffte die Halbgeschwister zu seiner Mutter. Wenig später wurde er festgenommen.
Bis heute ist die Tatwaffe verschwunden. Die Ermittler vermuten, dass Marcus K. das Messer möglicherweise sogar mithilfe seiner Mutter entsorgt hat.
Klarheit darüber konnte oder wollte der Spross einer bekannten Leipziger Handwerkerfamilie am Dienstag nicht bringen. Er will sich vorerst schweigend verteidigen. Der Prozess wird fortgesetzt.