Filmreife Entführung eines Voodoo-Zauberers endet mit Bewährungsstrafen
Leipzig - Es begann als filmreife Geiselnahme mit Pistolenschüssen - und endete nun juristisch als bloße Ansammlung von Vergehen. Im Prozess um die Entführung des betrügerischen Voodoo-Zauberers Lionel N. (30) sind alle Angeklagten am Donnerstag zu Bewährungsstrafen verurteilt worden.
Die härteste Strafe für die syrische Großfamilie M. werden wohl die knallharten Worte des Vorsitzenden Richters gewesen sein. "Hanebüchene Leichtgläubigkeit und Dummheit", bescheinigte Bernd Gicklhorn Familienoberhaupt Jamal M. (48).
Der in Magdeburg lebende Syrer war auf den aus Kamerun stammenden Lionel N. (30) hereingefallen. Als selbsternannter "Voodoo-Master" hatte der behauptet, mit einem Geheim-Cocktail und Beschwörungsformeln Geld vermehren zu können.
Jamal M. übergab dem Schwindler das Familienvermögen von 15.000 Euro - und sah bis heute keinen Cent wieder.
Dummheit schützt zwar nicht vor Strafe. Doch es kann sie gewaltig mindern, wie das aktuelle Verfahren zeigte. Die noch als Geiselnahme und erpresserischer Menschenraub angeklagte Entführung des in Leipzig lebenden Afrikaners wurde vom Gericht nach viermonatiger Verhandlung als einfache Freiheitsberaubung mit gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung gewertet.
Die vier angeklagten Haupttäter wurden zu jeweils zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, ein Helfer zu sechs Monaten.
Richter spricht von hanebüchener Leichtgläubigkeit und Dummheit
Richter Gicklhorn selbst sprach von einer "Entführung á la Hollywood", die sich jedoch in einem anderen Licht dargestellt habe.
Für den Tatbestand einer Geiselnahme sei Lionel N. mit einem Tag zu kurz in der Gewalt der Angeklagten gewesen, zudem hätten diese ihn nicht mit dem Tode bedroht, so das Gericht in seinem Urteil.
Die Schüsse aus einer Schreckschusspistole in die Luft wertete die Kammer als reine Abschreckungsmaßnahme, die den Augenzeugen der Entführung gegolten habe.
Auch einen erpresserischen Menschenraub konnten die Richter nicht erkennen. "Es fehlte die Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern", erklärte Richter Gicklhorn. Es sei schließlich nur darum gegangen, das Geld zurückzuerhalten, um das die Familie vom falschen Zauberer betrogen wurde. Den "Voodoo-Master", dem das Gericht eine "erstaunliche schauspielerische Leistung" bescheinigte, hielten die Richter für "in weiten Teilen unglaubwürdig".
Dass die geprellte Familie M. nach dem Betrug durch den falschen Zauberer nicht die Polizei einschaltete, sondern Selbstjustiz übte, konnte die Kammer nicht billigen.
Doch auch da zeigten die Richter zumindest Verständnis. Man habe sicher aus "Ehrschutzgründen" die Dinge selbst in die Hand nehmen wollen, damit die eigene Dummheit nicht bekannt werde, mutmaßte der Vorsitzende Gicklhorn.
Titelfoto: Bildmontage: Jan Woitas/dpa, Repro: Alexander Bischoff, Montage Ralf Seegers