Leipziger Femizid-Prozess: Angeklagter stellt Tat als Notwehr-Unfall dar

Leipzig - Faustdicke Überraschung im Leipziger Femizid-Prozess! Erstmalig hat sich der wegen heimtückischen Mordes angeklagte Marcus K. (41) geäußert - und sich dabei als Opfer dargestellt. Seiner Version zufolge soll die später getötete Jessica S. (†30) mit einem Messer auf ihn losgegangen, das blutige Geschehen eine Mischung aus Notwehr und Unfall gewesen sein.

Hatte bislang geschwiegen: Marcus K. (41) schilderte heute erstmals das Geschehen aus seiner Sicht und stellte sich dabei als Opfer dar. Demnach wurde er von seiner ehemaligen Lebensgefährtin mit dem Messer angegriffen.
Hatte bislang geschwiegen: Marcus K. (41) schilderte heute erstmals das Geschehen aus seiner Sicht und stellte sich dabei als Opfer dar. Demnach wurde er von seiner ehemaligen Lebensgefährtin mit dem Messer angegriffen.  © Ralf Seegers

Es war eine mithilfe seiner Anwälte vorgefertigte Erklärung, die Marcus K. mit brüchiger Stimme verlas. Und die hatte es in sich. Nachdem der Angeklagte ausführlich den Vortag im Garten der Schwiegereltern beschrieben hatte, schilderte er eine Tatversion, die so gar nicht mit jener der Anklage zusammenpasste.

Während die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass K. kurz nach Mitternacht zu seiner im Wohnzimmer schlafenden Ex-Partnerin ging und diese heimtückisch erstach, erklärte der Angeklagte, dass er erst am Morgen gegen 6 Uhr erwacht sei.

Im Wohnzimmer habe Jessica auf der Couch gesessen, eine Decke über die Beine gelegt. Der Erklärung zufolge habe die junge Frau dann abfällig erklärt, dass er es als Mann nicht mehr bringe und bei einem Wochen zuvor erlittenen Motorradunfall wohl besser gestorben wäre.

Rechtsextremes Magazin und pro-palästinensischer Verein bald Geschichte?
Gerichtsprozesse Leipzig Rechtsextremes Magazin und pro-palästinensischer Verein bald Geschichte?

"Danach zog sie ein Messer unter der Decke hervor und richtete es auf mich", las Marcus K vor.

War eine hübsche, lebenslustige Frau, die gerne sang und tanzte: Jessica S. (†30), Mutter zweier Kinder.
War eine hübsche, lebenslustige Frau, die gerne sang und tanzte: Jessica S. (†30), Mutter zweier Kinder.  © Alexander Bischoff
In ihrer Vierraumwohnung in diesem Paunsdorfer Plattenbau wurde Jessica S. am 21. Mai ermordet.
In ihrer Vierraumwohnung in diesem Paunsdorfer Plattenbau wurde Jessica S. am 21. Mai ermordet.  © Alexander Bischoff

Leipziger Mord-Prozess: Angeklagter lässt keine Nachfragen zum Tatgeschehen zu

Angehörige und Freunde haben nach der Tat an der Hauseingangstür Blumen und Kerzen niedergelegt.
Angehörige und Freunde haben nach der Tat an der Hauseingangstür Blumen und Kerzen niedergelegt.  © Alexander Bischoff

Den Angriff habe er abgewehrt und ihre Arme ergriffen. "Dabei muss es passiert sein, dass sie am Hals getroffen wurde ..." Angeblich habe sich das stark blutende Opfer das bis heute spurlos verschwundene Messer noch selbst aus dem Hals gezogen und sei dann umgekippt.

Rechtsmediziner hatten an der Leiche allerdings keinerlei Verletzungen oder Spuren festgestellt, die auf ein Kampfgeschehen hindeuten.

Nachfragen des Gerichts, der Gutachter und anderer Prozessbeteiligter zu seiner Version ließ Marcus K. allerdings nicht zu. Nur Fragen zu seiner persönlichen Entwicklung beantwortete er.

Prozess um Femizid in Leipzig: Gezielter Stich in den Hals nahm zwei Kindern die Mutter
Gerichtsprozesse Leipzig Prozess um Femizid in Leipzig: Gezielter Stich in den Hals nahm zwei Kindern die Mutter

Was auffiel: Während der Angeklagte die Angaben zum gewaltsamen Tod seiner einstigen Liebe emotional gefasst vortrug, brachen später alle Dämme - als er tränenreich und mit stockender Stimme vom Schicksal seines geliebten Dackels erzählte. Der war von einem größeren Hund gebissen worden und Wochen später an den Folgen gestorben.

Der Prozess wird mit der Vernehmung von Zeugen fortgesetzt.

Titelfoto: Bildmontage: Alexander Bischoff ; Ralf Seegers

Mehr zum Thema Gerichtsprozesse Leipzig: