Konsequenz aus "Fahrradgate"-Skandal: Polizei lässt jetzt sichergestellte Räder versteigern
Leipzig - Jahrelang haben sich Beamte aus der Asservatenkammer der Leipziger Polizei sichergestellte Fahrräder abgezweigt. Möglich machte das ein behördeninternes System aus Schlamperei, Unterbesetzung und fehlender Kontrolle. Während der Asservatenverantwortlichen seit Dienstag der Prozess gemacht wird, muss sich keiner ihrer Vorgesetzten verantworten.
Die 500-seitige Anklageschrift gegen die suspendierte Polizeihauptmeisterin Anke S. (47) ist eine Dokumentation schlimmsten Behördenversagens.
Die Ermittlungen deckten massive Organisationsprobleme innerhalb der "Zentrale Bearbeitung Fahrradkriminalität" (ZentraB) auf. Die Staatsanwälte bezeichneten die Einheit zu Prozessbeginn als "inhomogene Truppe", der es an Personal und Handlungsvorgaben fehlte.
Nicht alle Mitarbeiter seien den Aufgaben gewachsen gewesen, das Arbeitspensum habe die Möglichkeiten deshalb erheblich überstiegen.
Zudem fehlte der ZentraB jegliche Kontrolle, sodass es vier Jahre lang nicht auffiel, dass Hunderte sichergestellte Fahrräder aus der Asservatenkammer verschwanden und in den Akten der Großteil der Übergabeprotokolle gefälscht war.
Ermittlungsverfahren gegen Vorgesetzte längst eingestellt
Die Frage, ob die sieben Polizeiführer, die zwischen 2014 und 2018 für die ZentraB verantwortlich waren, bewusst weggeschaut haben oder ihrer Aufgabe ebenfalls nicht gewachsen waren, hat die Generalstaatsanwaltschaft bereits 2023 beantwortet.
Sämtliche Ermittlungsverfahren gegen die Chefs wegen Strafvereitelung im Amt wurden wegen "fehlenden Tatnachweises" eingestellt.
Immerhin hat das "Fahrradgate" bei der Polizei für interne Veränderungen gesorgt. Die ZentraB wurde aufgelöst. Fahrraddiebstähle werden jetzt dezentral durch die Kriminaldienste der Polizeireviere und in den Fachkommissariaten der Kripo bearbeitet.
Für sichergestelltes Diebesgut wurde im März 2022 eine Zentrale Asservatenstelle (ZASt) eingerichtet. Die verwaltet aktuell auch rund 950 Fahrräder.
Herrenlose Räder lässt die Polizei heute nur noch über ein Auktionshaus versteigern. "Der Erlös aus den Versteigerungen wird für drei Jahre in einen sogenannten Verwahrtitel überführt. Dies ist Vorschrift, falls der Berechtigte doch noch innerhalb dieser Zeit Ansprüche erhebt. Nach der Verwahrfrist wird der Erlös in die Landeskasse überführt", teilte die Behörde auf Anfrage mit.
Titelfoto: Bildmontage: Petra Hornig, Ralf Seegers