Tödliche Schießerei in Leipzig: Offenbar doch keine Mord-Anklage gegen 12 Hells Angels
Leipzig - Im Verfahren gegen zwölf Leipziger Hells Angels, die bei der tödlichen Schießerei am 25. Juni 2016 auf der Eisenbahnstraße anwesend waren, lässt die Staatsanwaltschaft offenbar den Tatvorwurf des gemeinschaftlichen Mordes fallen. Fast alle Rocker sollen im Vorfeld ihr Schweigegelübde gebrochen und umfangreich ausgesagt haben.
Während die vier Haupttäter der blutigen Auseinandersetzung im Juni 2019 zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, dauern die Ermittlungen gegen die anderen zwölf Hells Angels weiter an. Sie sollen bei der Schießerei mit den United Tribuns, bei der ein 27-jähriger UT-Anwärter tödlich getroffen wurde, zwar vor Ort gewesen sein, aber nicht aktiv gehandelt haben.
Da das Landgericht in seinem Urteil aber einen gemeinsamen Mordplan aller Höllenengel annahm, wurde auch gegen sie wegen Mordes ermittelt.
Doch das scheint nun Geschichte zu sein. Wie TAG24 aus Justizkreisen erfuhr, sollen die Rocker nur noch wegen besonders schweren Landfriedensbruchs angeklagt werden (Maximalstrafe: zehn Jahre Haft).
Mehrere Verteidiger erhielten bei der letzten Akteneinsicht im März entsprechende Hinweise.
Offiziell will die Staatsanwaltschaft das nicht bestätigen.
Allerdings erklärte eine Sprecherin auf Anfrage, dass sich auch nach fast siebenjähriger Ermittlungsarbeit "bislang kein dringender Tatverdacht des gemeinschaftlichen Mordes" ergeben habe, weshalb auch keiner der Beschuldigten in U-Haft sei.
Rocker brachen Schweigegelübde und sagten aus
"Die Abkehr vom Mord-Vorwurf ist nur konsequent - eine Mord-Anklage mit Untersuchungshaft nach sieben Jahren wäre rechtsstaatlich gar nicht mehr zu rechtfertigen", sagte einer der Rocker-Anwälte TAG24.
Anders als im ersten Verfahren, in dem sich sämtliche Hells Angels an das in ihrer Subkultur eherne Schweigegelübde hielten und gegenüber staatlichen Stellen keinerlei Angaben machten, soll nun ein Großteil umfangreich ausgesagt haben.
Auch drei der zu lebenslanger Haft verurteilten Höllenengel haben sich zwischenzeitlich der Justiz anvertraut. Zuvor soll Deutschlands wohl mächtigster Hells Angel, Frank Hanebuth (58) aus Hannover, dafür "grünes Licht" gegeben haben.
Wann die Anklage fertig ist - dazu will sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern. Sämtliche Beschuldigte hatten bereits das so genannte letzte rechtliche Gehör. Die Verzögerung der Ermittlungen könnte auch an einer internen Querele liegen:
Wie aus Polizeikreisen zu erfahren war, teilen die Kripo-Ermittler die juristische Einschätzung der Anklagebehörde nicht und halten weiter am Mord-Vorwurf fest.
Titelfoto: Bildmontage: Ralf Seegers, Fredrik von Erichsen/dpa