Justiz brauchte mehr als 7 Jahre: Betrugs-Prozess gegen Sachsens prominentesten Gerichtsvollzieher geplatzt
Leipzig - Wenn Sachsens Justiz gegen die eigenen Leute vorgehen muss, dann kann das schon mal dauern. Mehr als sieben Jahre nach Anzeigeerstattung sollte ab dem heutigen Montag am Amtsgericht Leipzig einem Obergerichtsvollzieher der Prozess gemacht, der Urkunden gefälscht und betrogen haben soll. Einer möglichen Verurteilung kann der prominente Exekutor jedoch gelassen entgegensehen. Doch nun ist der Prozessstart verschoben worden.
"Spiegel TV" und die SAT.1-Serie "Gerichtsvollzieher" machten Uwe N. (63) einst deutschlandweit bekannt. Vor allem, wenn der Leipziger Wohnungen räumen ließ, war die Kamera gern mit dabei.
Mitte 2017 verschwand der Staatsdiener, der zuvor Molkerei-Arbeiter war, urplötzlich von der Bildfläche. Grund war ein Strafverfahren, das der damalige Oberlandesgerichts-Präsident Ulrich Hagenloch im April als Dienstaufsicht gegen N. angestoßen hatte.
Bei internen Prüfungen war aufgefallen, dass auf Postzustellungsurkunden in N.s Akten häufig der Name nur einer Post-Zustellerin auftauchte. Eine daraufhin veranlasste Überprüfung der Unterschriften durch die Deutsche Post ergab laut OLG, dass es sich in einer Mehrzahl von Fällen um Fälschungen handelte.
Dubios: Während der Ermittlungen verschwanden aus dem Lager des Obergerichtsvollziehers bei einer Spedition dann plötzlich Hunderte Postzustellungsurkunden aus den Akten.
Allerdings sicherten die Ermittler noch Hunderte mutmaßlich gefälschte Dokumente im Büro von Uwe N. Für die Staatsanwaltschaft Beweis genug, den Obergerichtsvollzieher wegen Urkundenfälschung in 91 Fällen und in 89 Fällen wegen Betruges anzuklagen.
Beschuldigter profitiert von Verzögerung des Verfahrens
"Er soll dabei jeweils unrichtige Postzustellungsurkunden hergestellt und anschließend – mit Ausnahme von zwei Fällen – Auslagen unter Vorspiegelung tatsächlich nicht durchgeführter Zustellungen abgerechnet haben", erklärte Staatsanwältin Jana Friedrich auf TAG24-Anfrage.
Jahrelang lag die Anklage am Leipziger Amtsgericht, ohne dass sich ein Richter der Sache annahm. Erst am heutigen Montag sollte der Prozess beginnen.
Für Uwe N., der 2017 am selben Amtsgericht in den Innendienst versetzt wurde, diesen Job aber nie antrat, hat die enorme Verzögerung des Verfahrens einen riesigen Vorteil.
Denn wenige Tage vor Prozessbeginn wurde der Beamte in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Was zur Folge hat, dass ihm auch im Falle einer etwaigen Verurteilung seine Ruhestandsbezüge sicher wären.
Als noch aktiver Beamter hätte er ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (auch auf Bewährung) automatisch seine Beamtenrechte und damit seine Pensionsansprüche verloren.
Betrugsprozess geplatzt
Und wieder verzögert sich der Prozess gegen den wegen Betruges und Urkundenfälschung angeklagten Obergerichtsvollzieher. Kurz vor der Hauptverhandlung, die am Montag am Amtsgericht Leipzig beginnen sollte, meldete sich dessen Verteidiger krank.
Neuer Prozess-Start: 15. August.
Erstmeldung von 5.56 Uhr, aktualisiert um 16.14 Uhr
Titelfoto: Bildmontage: Alexander Bischoff, Repro/Alexander Bischoff