Da grinst der Kinderzimmerdealer: Polizei-Experten scheitern an verschlüsselten Festplatten

Leipzig - Ist es Arroganz oder ist "Shiny Flakes" wirklich schlauer, als die Polizei erlaubt? Im Prozess um das Darknet-Drogenkaufhaus "Candylove" hat der einstige Kinderzimmerdealer Max S. (28) der Justiz offeriert, dass kein Experte seine verschlüsselten Datenträger knacken könne.

Will die Verschlüsselung der Festplatten von externen Fachleuten knacken lassen: Vorsitzender Richter Rüdiger Harr.
Will die Verschlüsselung der Festplatten von externen Fachleuten knacken lassen: Vorsitzender Richter Rüdiger Harr.  © Ralf Seegers

Vor zweieinhalb Jahren schon beschlagnahmte die Polizei seine Festplatten, USB-Sticks und SD-Karten. Seither versuchten IT-Experten des Landeskriminalamts, die Speichermedien auszuwerten.

Bislang vergeblich. Die Fachleute bekommen die von IT-Autodidakt "Shiny Flakes" verwendete Verschlüsselung einfach nicht geknackt, wie Staatsanwalt Christian Kuka am Donnerstag einräumen musste.

Nun will das Landgericht IT-Forensiker privater Firmen beauftragen, die Datenträger zu entschlüsseln. Eine "Kampfansage", die Max S. mit süffisantem Lächeln quittierte.

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"Ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Viel Spaß, das wird bestimmt nichts ...", flötete sein Verteidiger Curt-Matthias Engel grinsend in Richtung Richterbank. Und beantragte dann eine Art "Saalwette".

Das Gericht möge den Experten für den Job eine Frist setzen - maximal drei Monate.

Konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen: Max S. und sein Anwalt Curt-Matthias Engel sind sich sicher, dass es die Justiz nicht schaffen wird, die Speichermedien zu entschlüsseln.
Konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen: Max S. und sein Anwalt Curt-Matthias Engel sind sich sicher, dass es die Justiz nicht schaffen wird, die Speichermedien zu entschlüsseln.  © Ralf Seegers
Legte am Donnerstag ein Geständnis ab: "Candylove"-Drogenhändler Friedemann G. (36).
Legte am Donnerstag ein Geständnis ab: "Candylove"-Drogenhändler Friedemann G. (36).  © Ralf Seegers

Finanzermittler noch immer auf der Suche nach einem Millionen-Schatz

Was ist auf den Festplatten, SD-Karten und USB-Sticks von "Shiny Flakes" gespeichert? Das LKA konnte diese Frage bis jetzt nicht beantworten.
Was ist auf den Festplatten, SD-Karten und USB-Sticks von "Shiny Flakes" gespeichert? Das LKA konnte diese Frage bis jetzt nicht beantworten.  © Archiv

Der Vorsitzende Richter Rüdiger Harr reagierte mit professioneller Gelassenheit, baute einer möglichen Niederlage aber schon einmal vor: "Wir können es nicht einschätzen, ist es knackbar oder nicht ..."

Übrigens: Nicht nur das Gericht erhofft sich von den Inhalten der Speichermedien interessante Einblicke in die Welt des Darknet-Dealers.

Auch sächsische Finanzermittler, die noch immer nach dem sagenumwobenen Millionen-Schatz des durch die Netflix-Serie "How to Sell Drugs Online (Fast)" zum Internet-Star gehypten Leipziger Bengels suchen, sind ganz wild darauf.

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Was noch geschah: Der von Max S. als Kopf von "Candylove" beschriebene Mitangeklagte Friedemann G. (36) legte ein Geständnis ab. Überraschenderweise bestätigte er darin den Großteil der Angaben seines früheren Knast-Kumpels.

Max sei der Mann hinterm Computer, er "für die Aufgaben in der realen Welt" zuständig gewesen.

Dazu habe auch das Besorgen der Drogen und das Festlegen der Preise gehört, ließ Friedemann G. über seine Anwältin freimütig erklären.

Titelfoto: Bildmontage: Ralf Seegers, Archiv

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