Crystal, Gras und scharfe Waffen: Sächsische Familienbande vor Gericht
Codlitz - Sie gilt als Schrecken der Kleinstadt, ist seit Jahren polizeibekannt und war sogar schon Thema im Innenausschuss des Landtags: Familie N. aus Colditz. Seit Dienstag steht Vater Ralf (67) mit seinen Söhnen Andreas (38) und Uwe (35) vor dem Leipziger Landgericht - wegen bandenmäßigen Drogenhandels und scharfer Waffen.
Ende März hatten Zollfahndung und Bundespolizei in Colditz zum großen Schlag gegen das organisierte Verbrechen ausgeholt.
Dutzende Beamte stürmten in der Stadt an der Mulde Häuser, alte Fabrik- und Lagerhallen. Bei der Razzia wurden mehr als 7,8 Kilo Crystal-Mischungen (Wirkstoffgehalt: 3,5 Kilo), eine Cannabisplantage mit insgesamt 2718 Pflanzen sowie vier scharfe und drei scharf gemachte Schusswaffen gefunden.
Alle Immobilien gehören zum Reich der Familie N. Auch zwei beschlagnahmte Luxuskarossen – ein Lamborghini Coupé und ein Mercedes-AMG.
Familienoberhaupt Ralf, ein gelernter Fleischer, der zuletzt einen Holzhandel betrieb, und seine Söhne wurden verhaftet.
Die Zollfahndung war nach der Festnahme eines Großdealers, dessen Telefone abgehört wurden, auf den Colditzer Crystal-Clan gestoßen. Der war bereits polizeibekannt und in der Kleinstadt gefürchtet. Als sich der Innenausschuss nach der Razzia mit den Verhältnissen in Colditz beschäftigte, wurden dort insgesamt 424 Anzeigen aufgelistet, die in den letzten Jahren gegen die Familie erstattet wurden.
Dabei ging es auch um Körperverletzung und Bedrohung - unter anderem von Polizisten und Amtspersonen. Der Ausschuss versucht seither zu klären, ob dies der Grund war, weshalb die Landespolizei dem Treiben jahrelang eher zuschaute, als tiefgründig zu ermitteln.
Cannabis-Plantage war angeblich vermietet
Die aus Grimma stammende Linken-Abgeordnete Kerstin Köditz (56) zählt den Fleischer und seine Söhne zum rechten Netzwerk im Landkreis Leipzig.
"Ein Zusammenhang mit rechtsextremen Straftaten sei der Akte nicht zu entnehmen", erklärte der Vorsitzende Richter Andreas Stadler allerdings gleich zu Prozessbeginn.
Nach Verlesung der Anklage wegen bandenmäßigen Drogenhandels ergriff der Vater das Wort. Er gab zunächst Besitz und Handel von vier Kilo Crystal zu. Die Halle mit der Cannabis-Plantage sei vermietet gewesen, so Ralf N. Mit dem Cannabis-Anbau habe seine Familie nichts zu tun.
Als er davon erfahren habe, hätte er den Mietvertrag gekündigt. Den Namen des Mieters wollte er dem Gericht allerdings nicht verraten.
Der Prozess wird fortgesetzt.
Titelfoto: Bildmontage: Ralf Seegers