Obdachloser zu Tode geprügelt: Beging Politiker schwerwiegenden Fehler?
Von Lukas Fortkord
Darmstadt - Die Staatsanwaltschaft hat den Darmstädter Stadtrat Paul Wandrey (34, CDU) angeklagt. Sie wirft ihm die Verletzung von Dienstgeheimnissen und einer besonderen Geheimhaltungspflicht vor.

Konkret soll Wandrey im November 2023 Kenntnisse über ein Überwachungsvideo unberechtigt an Medien weitergegeben haben. Zuerst berichtete Hit Radio FFH über den Fall.
Wandrey selbst bestätigte die Anklage gegen ihn, wies die Vorwürfe aber zurück. Auch die Staatsanwaltschaft Darmstadt bestätigte den Vorgang, nannte allerdings den Namen des Stadtrats nicht.
Das besagte Überwachungsvideo zeigte den tödlichen Angriff auf einen Obdachlosen auf dem Darmstädter Luisenplatz im November 2023. Ein damals 15-Jähriger und sein damals 18 Jahre alter Bruder hatten den Mann nachts in einem Wartehäuschen überfallen. Der Jüngere tötete den Mann danach mit Schlägen und Tritten.
Der 15-Jährige wurde im vergangenen Sommer zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt - das ist die maximal mögliche Strafe im Jugendrecht. Nach dem Tod des Obdachlosen seien verschiedene Presseanfragen bei ihm eingegangen mit der Bitte, sich politisch zur Tat zu äußern, teilte Wandrey mit.
"Dies ist aufgrund meiner Funktion als Ordnungsdezernent und als Person, die politisch für die Videoüberwachungsanlage auf dem Luisenplatz verantwortlich ist, ein üblicher Vorgang."
Sensible Aufnahmen unerlaubt weitergegeben? Wandrey selbst bestreitet Vorwurf vehement
Mit Bezug auf diese öffentlichen Äußerungen habe die Staatsanwaltschaft nun Anklage wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen gegen ihn erhoben, erklärte er selbst weiter: "Aus den oben genannten Gründen und weil ich von der Rechtmäßigkeit meines Handelns überzeugt bin, habe ich die Vorwürfe bestritten und werde mich auch vor Gericht gegen diese Vorwürfe verteidigen", sagte er.
Die Öffentlichkeit habe grundsätzlich nicht nur ein Recht auf Information, sondern verlange darüber hinaus bei schwerwiegenden Sachverhalten auch die Positionierung der politisch Verantwortlichen.
Titelfoto: Uwe Anspach/dpa