"Ich fick dich": So hat eine junge Frau den Überfall auf ihre Bäckerei erlebt

Hamburg - Nach einem Überfall auf eine Bäckerei in der Hamburger Innenstadt hat ein 34 Jahre alter Mann ein Geständnis am Landgericht abgelegt. Nun schildert die junge Bäckerin die Tatnacht.

Um 4.30 Uhr hat die Bäckerin ihren Laden betreten. Da wartete schon der Einbrecher mit dem Messer auf sie. (Symbolbild)
Um 4.30 Uhr hat die Bäckerin ihren Laden betreten. Da wartete schon der Einbrecher mit dem Messer auf sie. (Symbolbild)  © Bernd Weißbrod/dpa

"Ich fick dich", sagt der maskierte Mann zu der jungen Bäckerin, als er sie mit ihrem eigenen Brotmesser in ihrem Verkaufsraum in der Innenstadt bedroht. So berichtete es die 28-Jährige am Dienstag am Landgericht Hamburg.

An einem Samstagmorgen im Mai gegen 4.30 Uhr hatte die junge Frau wie üblich ihre Bäckerei durch den Hintereingang betreten. Dabei stellte sie fest, dass die Tür offen stand. Offenbar hatte der neue Mitarbeiter am Abend vorher wieder vergessen, sie zu abzuschließen.

Doch es war nicht der neue Kollege. In einem kleinen Hinterzimmer zieht sie sich für die Arbeit um und kann gerade noch ihr T-Shirt herunterziehen. Plötzlich steht ein fremder Mann vor ihr. Verborgen unter einem Kapuzenpulli und einer Corona-Maske.

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Später wird sie vor Gericht nur seine Augen wiedererkennen.

Seit dem Überfall kann die Bäckerin nachts nicht mehr allein sein

Mit den erbeuteten Geld aus der Bäckerei kaufte sich der Einbrecher noch in derselben Nacht Kokain. (Symbolbild)
Mit den erbeuteten Geld aus der Bäckerei kaufte sich der Einbrecher noch in derselben Nacht Kokain. (Symbolbild)  © Marcus Brandt/dpa

Alpträume plagen die junge Pächterin der Hamburger Bäckerei noch Wochen später. Immer wieder sieht sie diesen maskierten Mann, der mit dem Messer vor ihr steht. Bis heute kann sie nachts nicht allein zu Hause sein. Einmal hat sie es versucht. Sie hat es nicht ausgehalten. Seit dem Überfall muss ihr Freund nachts bei ihr sein. Bis heute braucht sie therapeutische Hilfe.

Doch als dieser Mann mit dem Messer in ihrer Bäckerei vor ihr steht, bleibt sie ruhig. Schnell wird klar: Er will ihr nichts tun, er will nur Geld. Doch das Messer sieht bedrohlich aus. "Wo ist der Schlüssel zum Safe?", fragt er. Er spricht in abgehackten Sätzen. Er macht einen unsicheren Eindruck, wirkt nervös. "So habe ich mir einen Einbrecher nicht vorgestellt", erklärt die 28-Jährige vor Gericht. Ein Profi hätte vermutlich sein eigenes Messer mitgebracht, vermutet sie.

Zu diesem Zeitpunkt weiß die junge Frau noch nicht, dass der Mann schon vor Stunden in ihre Bäckerei eingebrochen ist und den ganzen Laden nach dem Schlüssel für den Tresor abgesucht hat. Er braucht dringend Geld. Schulden in Höhe von 80.000 Euro sitzen ihm im Nacken. Vor allem aber braucht er Geld für Drogen, für Kokain. Er sucht und sucht. Nur in der Kaffeemaschine schaut er nicht nach.

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Also wartet er, bis in den frühen Morgenstunden jemand in die Backstube kommt. Jemand, der den Schlüssel hat.

Der Täter zerstört das Handy, aber nicht das Festnetztelefon

Die Bäckerin starrt auf das Messer. Und sieht keine andere Möglichkeit, als den Schlüssel aus dem Abtropfbehälter der Kaffeemaschine zu holen und den Tresor aufzuschließen. Dort bewahrt sie die Einnahmen von zwei Tagen und Wechselgeld in einer Schatulle auf - insgesamt etwa 3100 Euro, eingewickelt in eine Brötchentüte. Später wird sie sich ärgern. Hätte sie das Geld doch abends zur Bank gebracht. Doch in diesem Augenblick kann sie keine klaren Gedanken fassen.

Der Einbrecher packt die Tüte mit dem Geld in eine alte Tasche, die noch von der Vorbesitzerin der Bäckerei in einem Schrank liegt. Dann will er das Mobiltelefon der Bäckerin haben. Er legt es auf den Tresor, und sticht mit dem Messer darauf ein, um es zu zerstören. Sie soll keine Hilfe rufen können. Als er mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist, hält er das Handy in einem Waschbecken unter den Wasserhahn.

Dann fordert der Mann die Frau auf, im Badezimmer zu warten. Irgendwann merkt sie, dass er geflohen ist. Sie ruft ihren Freund und die Polizei an. Das Festnetztelefon hatte der Einbrecher nicht zerstört.

Der Täter wird schnell gefasst. Eine Videokamera in der Bäckerei hat den ganzen Überfall aufgezeichnet, Leugnen ist also zwecklos. Der Einbrecher ist den Behörden seit Jahren bekannt und legt ein vollständiges Geständnis ab. Die junge Frau leidet bis heute unter dem Überfall.

Titelfoto: Bernd Weißbrod/dpa

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