Tödliche Hunde-Attacke: Besitzer muss hohe Strafe zahlen
Hamburg - Ein unangeleinter Hund hat einen Berner Sennenhund im März 2020 in Hamburg-Othmarschen tot gebissen. Nun musste sich der Besitzer vor dem Amtsgericht Altona verantworten.
Der Hund von Thomas Fitschen ist tot. "Leo war so ein lieber und ruhiger Hund. Deswegen ist es so tragisch, was ihm passiert ist", sagt sein Herrchen (42).
Auch nach mehr als zwei Jahren wird der Versicherungskaufmann immer noch traurig und wütend, wenn er an die Vorkommnisse am Beselerplatz in Hamburg-Othmarschen denkt. So wütend, dass er immer wieder bei der Staatsanwaltschaft nachgehakt hat, bis der Fall schließlich vor Gericht kam.
Und so musste sich am Mittwoch der Hundebesitzer S. (70) vor dem Amtsgericht Altona verantworten.
Denn sein Hund, der Briard "Nanuk" (4), hatte den Berner-Sennenhund offenbar so schwer in den Rücken gebissen, dass dieser schließlich gelähmt war und eine Woche nach dem Angriff in einer Tierklinik eingeschläfert werden musste.
Thomas Fitschen und auch mehrere Zeugen schilderten den Vorfall im März 2020 beim Prozess am Amtsgericht Altona mehr oder weniger übereinstimmend folgendermaßen: Thomas Fitschen war mit seinem Hund "Leo" im Beseler Park spazieren. Plötzlich kam der unangeleinte Briard "Nanuk" angerannt, knurrte und stürzte sich auf den 20 Kilo leichteren Berner-Sennenhund, der nach Angaben seines Besitzers relativ klein für seine Rasse war. "Der Hund hat ohne Vorwarnung in den Rücken von Leo gebissen und ihn geschüttelt, als ob er ihn töten wollte", berichtete Thomas Fitschen sichtlich bewegt.
Hunde-Attacke in Hamburg: Der Angeklagte hat keinen Angriff gesehen
"Nanouks" Besitzer S. habe etwas weiter entfernt gestanden, wie weit, ließ sich vor Gericht allerdings nicht klären.
"Ich habe gerufen, er solle seinen Hund zurückrufen und anleinen, aber er hat nicht reagiert", sagte Thomas Fitschen. Der Angeklagte habe nicht nur nichts unternommen, sondern auch noch eine wegwerfende Handbewegung gemacht und ihn beleidigt.
Thomas Fitschen versuchte daher, sich zwischen die beiden Tiere zu stellen. "Ich habe noch nie einen Hund getreten, aber in dem Fall hatte ich keine andere Wahl", sagte er. Schließlich ließ der Hund von "Leo" ab und rannte davon, seinem Herrchen hinterher.
Der Besitzer von "Nanouk" schlildert den Vorfall hingegen ganz anders. "Ich habe nicht gesehen, dass Nanouk den Hund gebissen hat", sagte der Rentner vor Gericht.
"Nanouk hat ihn mit einem anderen Hund verwechselt, mit dem er immer spielt." Als Leo ihn anstatt zu spielen allerdings angeknurrt hat, habe "Nanouk" nur zurückgeknurrt. "Ich habe ihn zurückgerufen", sagte der Angeklagte. Einen Angriff habe er nicht wahrgenommen.
Das Gutachten des Tierarztes lässt allerdings andere Schlüsse zu. Demnach wurden bei "Leo" später Verletzungen des dritten und vierten Halswirbels festgestellt - offenbar durch einen Hundebiss. Dies führte zu einem Bandscheibenvorfall, der auf das Knochenmark drückte und schließlich zu einer Lähmung führte. "Nach dem Angriff hatte Leo Probleme beim Gehen", erzählte Fitschen. Er dachte allerdings zunächst, sein Hund sei am Bein verletzt worden.
Berner Sennenhund "Leo" musste nach Hunde-Angriff eingeschläfert werden
Doch "Leo" wurde in den Folgetagen immer lahmer, bis er sich schließlich gar nicht mehr bewegte. Der Nottierarzt musste kommen und schließlich brachte Thomas Fitschen seinen Hund in die Tierklinik in Norderstedt.
Außer einer Schmerztherapie konnten die Ärzte aber nicht mehr viel machen. "Wir mussten Leo auf Empfehlung der Tierärzte einschläfern lassen", sagte er. Für ihn sei das besonders traurig, weil "Leo" auch eine Art "Kindersatz" gewesen sei, wie er erzählte.
Doch am schlimmsten sei für ihn gewesen, dass es von "Nanuks" Besitzer kein einziges Wort des Bedauerns gegeben habe. Im Gegenteil: Der Angeklagte habe ihn immer wieder beschimpft und kein bisschen Rücksicht genommen.
"Das war richtig unmenschlich", sagte Fitschen. "Ich will daher dafür sorgen, dass das nicht auch noch anderen Hundebesitzern geschieht." Monatelang hat er Aussagen von anderen Hundebesitzern gesammelt und Fotos vom Angeklagte gemacht, wenn dieser seinen Hund wieder einmal ohne Leine im Viertel laufen ließ. Die Beweise habe er den Behörden übergeben. Er gehe zwar nicht davon aus, dass "Nanuk" besonders aggressiv sei. Allerdings sei der Halter völlig ungeeignet, sagte Fitschen.
Mehrere Zeugen sagten vor Gericht aus, dass sie ebenfalls Ärger mit "Nanuk" und seinem Besitzer hatten. Immer wieder hätte das Tier ihre Hunde angegriffen. Und der Anklagte habe ein ums andere Mal Passanten angepöbelt, anstatt seinen Hund anzuleinen. Mittlerweile gehen offenbar mehrere Hundebesitzer nur noch mit ihren Tieren raus, wenn der Angeklagte nicht gerade seine Runden dreht oder wechseln die Straßenseite, wenn sie ihn mit seinem Vierbeiner sehen.
Gerichtsprozess in Hamburg: Der Angeklagte bleibt uneinsichtig
Vor Gericht gab sich der Rentner allerdings uneinsichtig. "Ein Hund kann nicht ständig angeleint sein. Das verstößt gegen das Tierschutzgesetz", erklärte er der Richterin, die einigermaßen fassungslos konterte, dass das nichts an der Anleinpflicht für Hunde ändere.
Von Bedauern oder gar einer Entschuldigung war vom Angeklagten nichts zu hören. Stattdessen behauptete er, die Zeugen hätten sich alle abgesprochen und der Tierarzt hätte ein Gefälligkeitsgutachten ausgestellt. Er habe bereits ein Gegengutachten erstellen lassen. Auch die Händler in seiner Straße hätten ihm bestätigt, dass sein Hund völlig harmlos sei. Eigentlich müsste sein Tier von der Leinenpflicht befreit werden, behauptete er.
Die Richterin sah den Fall allerdings ganz anders. Sie verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Geldstrafe von 1800 Euro wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz und Sachbeschädigung.
Denn ein Tier, so will es das Gesetz, sei zumindest rechtlich gesehen eine Sache. Die Richterin sah bei dem Angeklagten einen klaren Vorsatz, da er trotz mehrerer Vorfälle seinen Hund nicht an die Leine genommen hatte. "Sie sind völlig uneinsichtig und haben sich auch noch beleidigend und hämisch geäußert", sagte die Richterin zu dem Angeklagten.
Der Angeklagte hatte ursprünglich gegen einen Strafbefehl über 1500 Euro Widerspruch eingelegt. Die Richterin hatte ihm zunächst erfolglos empfohlen, den Widerspruch zurückzuziehen, da eine Verurteilung eine höhere Strafe mit sich bringen würde. So kam es schließlich auch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Thomas Fitschen klagt zudem in einem weiteren Verfahren auf Schadensersatz, um 1500 Euro an Arztkosten vom Angeklagten zurückzuerhalten.
Thomas Fitschen hat sich inzwischen einen jungen rumänischen Straßenhund namens "Juna" zugelegt. Mit ihm geht er allerdings nur in einem anderen Viertel spazieren.
Titelfoto: privat