Nationalspieler wegen zweifachen Betrugs verurteilt: Trotz Profi-Vertrag 10.000 Euro vom Amt erschlichen

Hamburg – Wegen zweifachen Betrugs musste sich am heutigen Mittwoch ein Profifußballer (30) vor dem Hamburger Landgericht verantworten. Über einen längeren Zeitraum erschlich sich der Angeklagte S. trotz regelmäßigen Mieteinnahmen und Lohnzahlungen durch einen Vertrag mit einem polnischen Fußballverein Sozialleistungen vom Amt. Die Richterin sprach von einer "kriminellen Energie" und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe.

Der Angeklagte S. (30) am Mittwoch im Gerichtssaal.
Der Angeklagte S. (30) am Mittwoch im Gerichtssaal.  © Madita Eggers/TAG24

Im Hamburger Fußball ist der Angeklagte kein Unbekannter: In seiner Jugend spielte der heute 30-Jährige sowohl für den HSV (B-Jugend) als auch später für den FC St. Pauli (A-Jugend). Seitdem wurde er von mehreren Vereinen als Profifußballer unter Vertrag genommen und kickte unter anderem auch für die libanesische Nationalmannschaft.

Im Mai 2019 meldete sich der gebürtige Hansestädter jedoch beim Hamburger Jobcenter arbeitslos und erhielt seitdem Sozialleistungen vom Staat.

Zu Beginn des Prozesses räumte der Angeklagte über seinen Anwalt den Vorwurf ein, von März bis August 2020 rund 5.900 Euro vom Amt erhalten zu haben, obwohl er als Profifußballer zum polnischen Club "Bruck-Bet Termalica" mit einem monatlichen Grundgehalt von 3500 Euro gewechselt war.

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Zu dem Vorwurf, bis Februar 2020 aufgrund von Mieteinnahmen zu Unrecht Leistungen erhalten zu haben, schwieg der Angeklagte zunächst. Ein paar Wochen nach seinem Hartz–IV–Antrag hatte der 30-Jährige dem Jobcenter einen Mietvertrag über eine Wohnung in der Randstraße in Hamburg–Stelling vorgelegt und angegeben, die Wohnung gemeinsam mit seiner Schwester beziehen zu wollen.

Tatsächlich vermietete er die Wohnung jedoch unter, wie eine Zeugin am Mittwoch bestätigte.

Der Angeklagte verstieß auch gegen das Waffengesetz

Dem Profifußballer wurde wegen zweifachen Betrugs verurteilt.
Dem Profifußballer wurde wegen zweifachen Betrugs verurteilt.  © Madita Eggers/TAG24

Die 24-jährige Zeugin sagte aus, von November 2019 bis Oktober 2020 zunächst mit einer Freundin und dann mit ihrem besten Freund in der besagten Wohnung gewohnt zu haben.

Den Mietvertrag habe sie mit dem vermeintlichen Bruder des Angeklagten abgeschlossen, wobei jedoch WhatsApp-Kontakt mit dem Fußballer bestand und dieser auch ab und zu vorbeigekommen sein soll, um "nach dem Rechten zu sehen".

Die Miete von insgesamt 1200 Euro (550 und 650 Euro je Zimmer) hätten sie jedoch an eine in Hamburg gemeldete Frau bezahlt, mutmaßlich die damalige Freundin des 30-Jährigen. Von der Polizei ausgewertete Kontodaten belegen den Geldfluss zwischen ihr und dem Angeklagten.

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Aufgefallen war der Betrug durch ein weiteres Verfahren gegen den Angeklagten. Wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz – der 30-Jährige war am Flughafen mit einem Schlagring im Gepäck erwischt worden – waren 2020 zwei Hausdurchsuchungen veranlasst worden, die ergaben, dass der Angeklagte unter keiner der beim Amt angegebenen Adressen wohnhaft war.

Es bestand die Vermutungen, dass er sich stattdessen im Ausland aufhalte, wie eine weitere Zeugin am Mittwoch aussagte.

Die Staatsanwältin bezeichnete sein Vorgehen als "wirklich dreist".

Zur Saison 2011/12 wechselte der Angeklagte S. zum Bundesligisten Hannover 96 in die Regionalliga.
Zur Saison 2011/12 wechselte der Angeklagte S. zum Bundesligisten Hannover 96 in die Regionalliga.  © IMAGO / Rust

Während des Prozesses und in Absprache mit seinem Anwalt räumte der Angeklagte auch die Vorwürfe zur Mietsache ein. Allerdings erst ab November 2019. Sein Geständnis in beiden Fällen wirkte sich strafmildernd aus, strafschärfend war laut Staatsanwältin jedoch die Tatsache, dass sein Vorgehen "wirklich dreist" gewesen sei.

Ein Vorwurf, den die Verteidigung für nicht besonders berücksichtigenswert hielt: In den Augen des Anwalts sei jeder Betrug dreist und bereits Teil des Tatbestands.

Doch auch die Richterin stimmte der Staatsanwaltschaft zu und meinte, es sei eine Sache, dem Amt Einkünfte nicht mitzuteilen, eine Wohnung mithilfe von Mittelsleuten unterzuvermieten, zeuge jedoch schon von "krimineller Energie".

Zudem sei der entstandene Schaden von über 10.000 Euro kein unbedeutender. Demnach wurde der Angeklagte am Mittwoch zu 130 Tagessätzen zu je acht Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Betrag von 10 Euro und die Verteidigung 90 Tagessätze zu je sieben Euro gefordert.

Aufgrund seiner aktuellen finanziellen Lage darf der Angeklagte seine Strafe in Raten von 25 Euro pro Monat abbezahlen. Wie eine Sachbearbeiterin am Mittwoch aussagte, bekommt der Fußballer seit Oktober 2022 keine Sozialleistungen mehr.

Nach eigener Aussage lebe er aktuell von einem Darlehen und der Unterstützung von Dritten, sei aber auf der Suche nach einem neuen Verein.

Titelfoto: Bildmontage: Imago/Rust/TAG24

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