Nach versuchter Entführung vor Sportsbar: Tinder-Date des Angeklagten will nichts geahnt haben
Hamburg - Im Fall einer mutmaßlichen versuchten Entführung vor einer Sportsbar ist am Freitag der Prozess gegen drei Angeklagte vor dem Hamburger Landgericht fortgesetzt worden. Eine für den heutigen Tag geplante Zeugenbefragung des Geschädigten H. fiel jedoch aus, da dieser gar nicht erst auftauchte. Gegebenenfalls wird die Staatsanwaltschaft nun eine Nahbereichsfahndung einleiten.
Dafür sagte die Lebensgefährtin des Angeklagten J. aus, der mutmaßlich vor seiner Verhaftung Mitglied einer international agierenden Drogenbande war und dessen Cousin die Entführung des Geschädigten H. in Auftrag gegeben haben soll.
Die 41-jährige Krankenschwester will von all dem nichts mitbekommen haben. Ihr habe der Angeklagte erzählt, dass er aufgrund eines Wohnungstausches mit einem Kumpel in Hamburg sei.
Und dass er von den Einnahmen seines eigenen Bootsverleihs in seiner Heimat auf den Bahamas lebe. Bezahlt habe er immer alles mit Bargeld.
Drogen seien nie ein Thema gewesen. Die Nachfrage des Richters, ob sie denn nie etwas hinter- oder nachgefragt hätte, verneinte die Zeugin. Dafür sei die Beziehung noch zu frisch gewesen.
Zwei Monate vor der Verhaftung von J. am 1. November 2023 habe sie den Angeklagten auf der Dating-Plattform "Tinder" kennengelernt und sich mit ihm noch am selben Tag zum Spazierengehen im Park "Planten un Bloom" getroffen.
Prozess in Hamburg: Die Freundin des Angeklagten rief in der U-Haft an
Regelmäßige Treffen folgten, allerdings immer nur bei ihr Zuhause oder draußen. Mitte Oktober 2023 habe J. auch mal eine Woche bei ihr gewohnt.
Die Wohnung des Angeklagten beziehungsweise die Lage in Hamburg-Borgfelde seien ihr unter anderem wegen der in der Nähe gelegenen "Asylheime" "nicht behaglich" gewesen.
Trotz der Kürze der Beziehung bis zur Verhaftung von J. träumte die Zeugin nach eigenen Angaben von einer gemeinsamen Zukunft mit dem Angeklagten.
Und wohl auch immer noch: Die 41-Jährige besucht J. regelmäßig in der U-Haft. Will aber erst nach seiner Verhaftung von seinen mutmaßlichen Straftaten erfahren haben.
An dem Tag der versuchten Entführung habe sie noch bis 16 Uhr Zeit mit J. verbracht und dann tagelang nichts mehr von ihm gehört – so etwas hätte es zuvor nicht gegeben.
Als am dritten Tag dann sein Handy auch noch ausgeschaltet gewesen sei, rief die Zeugin in der U-Haft an und erfuhr so von J. Inhaftierung.
Auf Nachfrage des Richters, warum sie denn sofort von einer Verhaftung statt von einem Unfall oder ähnlichem ausgegangen ist, bezog sich die Zeugin auf eine möglicherweise fehlenden Aufenthaltsbescheinigung des Angeklagten.
Der Prozess wird am 6. Mai fortgesetzt.
Titelfoto: Tag24/Madita Eggers