Nach Leichenfund im Kanal: Bordellbesitzer soll ehemalige Geliebte umgebracht und entsorgt haben
Hamburg - Ein Angler hatte im Januar mehrere Leichenteile im Ernst-August-Kanal in Hamburg gefunden, dadurch wurde ein zehn Jahre alter Fall wieder aufgerollt. Kurz nach der Identifizierung der Leiche wurde ein 43-jähriger Tatverdächtiger festgenommen, der das damals 28 Jahre alte Opfer erwürgt und anschließend ihre Leiche mutmaßlich mithilfe seines Autos entsorgt haben soll. Der Angeklagte sitzt seit Anfang Februar in U-Haft und muss sich seit dem heutigen Donnerstag wegen Totschlags vor dem Hamburger Landgericht verantworten.
Bei der 28-Jährigen soll es sich der Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge um die ehemalige Geliebte des Angeklagten handeln.
Diese habe von dem damals 33-Jährigen fortlaufend Geld für ihren Lebensunterhalt gefordert und soll gedroht haben, im Fall einer Nichtzahlung seine Familie über das intime Verhältnis zu ihr und seine Tätigkeit als Bordellbetreiber zu informieren. Eine folgenschwere Erpressung, die die Geschädigte im März 2013 mit ihrem Leben bezahlt haben soll.
Die Staatsanwaltschaft hatte bereits am 14. März 2014 Anklage gegen den heute 43-Jährigen erhoben. Das Hauptverfahren wurde aber aufgrund eines "nicht dringenden Tatverdachts" und der "Dringlichkeit" anderer Fälle zunächst nicht eröffnet.
Durch den Fund der Leiche der Geschädigten hatte die Staatsanwaltschaft erneut Anklage erhoben.
Verteidigung widerspricht der Anklage: Tatverdächtiger sei nicht schuldig
"Es wird dem Tatvorwurf generell entgegengetreten", sagte der Verteidiger am Donnerstag in seinem sogenannten "Opening Statement". Sein Mandant sei Opfer eines unfairen Verfahrens. Allgemein sei es schwer, einen zehn Jahre zurückliegenden Fall anhand der vorliegenden "dünnen Beweislage" aufzuklären, zudem seien die Ermittlungen einseitig und ausschließlich gegen den Angeklagten geführt worden.
Die Vorwürfe richteten sich allein auf die "spekulierten, fabulierten und vom Hörensagen" Aussagen eines einzigen Zeugen. Der wiederum - zumindest laut dem Verteidiger - selbst ein Motiv gehabt haben soll, die Geschädigte zu töten. Der Verteidiger appellierte an ein faires Verfahren mit "objektiver Grundlage".
Der besagte Zeuge wird an den zukünftigen Verhandlungstagen gehört werden, wie der Staatsanwaltschaft am Donnerstag gegenüber TAG24 bestätigte.
Ein Polizeitaucher stieß sofort auf mehrere Knochen und eine Metallplatte
Am ersten Prozesstag am Donnerstag stand zunächst der Fund der Leiche im Mittelpunkt. Als Zeuge sagte einer der 13 Polizeitaucher aus, die im Januar fast eine Woche lang nach den Knochen und Fundstücken getaucht waren. Der 31-Jährige war der Erste, der nach dem Notruf des Anglers über eine Leiter in den circa zwei Meter tiefen Kanal hinabstiegen war.
Beim Hinabtauchen sei er gleich auf einen Oberschenkelknochen gestoßen. Danach sei ihm eine hochkant an der "Wand zur Straße" stehende Metallplatte aufgefallen, an der mehrere Seile befestigt gewesen sein sollen.
Um die "schwere" Platte herum sollen der Thorax mit Stoffresten und mehrere Knochen wie Rippen und Schlüsselbeine gelegen haben. Nicht weit davon entfernt habe er dann auch den Schädel der 28-Jährigen entdeckt sowie ein an einem Seil befestigten Unterschenkel samt Schuh und Sockenresten.
Aufgrund der vom Polizeitaucher angesprochenen Strömung geht der Verteidiger davon aus, dass die Metallplatte "nicht in Verbindung zu den Leichenteilen" steht und die Auffindesituation nicht auf das "Originalgeschehen" schließen lässt. Ein Vertreter der drei Nebenkläger widersprach dieser Vermutung und bezeichnete die These als "mutig".
Der Prozess wird am 2. Mai fortgesetzt. Weitere Verhandlungstermine sind bis September angesetzt.
Titelfoto: Madita Eggers/TAG24