Attentat auf Hells-Angels-Boss! Paar wegen versuchten Mordes vor Gericht
Hamburg - Ein halbes Jahr nach den Schüssen auf den 38-jährigen Hells Angels-Boss Dariusch F. im Hamburger Stadtteil St. Pauli (TAG24 berichtete) beginnt am Mittwoch der Prozess gegen zwei Angeklagte.
Die Staatsanwaltschaft wirft einem 28-Jährigen die Anstiftung zur Tat vor. Seine 24-jährige Lebensgefährtin soll Mittäterin bei dem versuchten Mord und schwerer Körperverletzung sein (TAG24 berichtete).
Der Deutsche war nach Polizeiangaben Mitglied der inzwischen aufgelösten Mongols, einer mit den Hells Angels verfeindeten Rockergruppierung. Zur Tatzeit saß der Angeklagte allerdings selbst noch im Gefängnis.
Die Frau soll am Abend des 26. August vergangenen Jahres dem Hells Angel mit dem Auto gefolgt sein. Als der Rocker mit seinem weißen Bentley an einer roten Ampel am Millerntorplatz stoppte, soll sie neben ihm gehalten haben.
Ein noch unbekannter Mittäter habe dann aus dem Fenster der Beifahrertür fünfmal auf den Hells Angel geschossen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der 38-Jährige wurde lebensgefährlich verletzt und ist seitdem querschnittsgelähmt (TAG24 berichtete).
Die Staatsanwaltschaft vermutet einen Racheakt. Die Angeklagten waren im Juni 2016 selbst Opfer eines versuchten Tötungsdelikts geworden.
Ein Unbekannter hatte auf das Paar in einem Haus im Stadtteil Schnelsen geschossen und beide schwer verletzt.
Die Angeklagten hätten den Hells Angel für die Schüsse verantwortlich gemacht und sich rächen wollen, hieß es.
Update, 10.58 Uhr: Angeklagte schweigen
Der Prozess vor dem Hamburger Landgericht hat am Mittwochmorgen begonnen. Nach Verlesung der Anklage wollten die beiden Angeklagten aber zunächst keine Angaben machen.
Der Verteidiger des 28-Jährigen erklärte lediglich, dass sein Mandant den Vorwurf der Anstiftung bestreite.
Update, 16 Uhr:
Nach Aussagen eines Kripobeamten soll das Attentat durch eine verschlüsselte Botschaft gestartet worden sein. Mit den Worten "Ich habe das schönste Kleid gefunden" sei die Operation gestartet worden.
Absender der Nachricht, die am 26. August vergangenen Jahres gegen 23 Uhr im Videotext eines privaten Fernsehsenders erscheint, ist "lixyz", wie der Kripobeamter als Zeuge vor dem Landgericht Hamburg erklärt.
Rund 50 Minuten später hält ein silbergraues Mercedes-Coupé neben dem weißen Bentley des Rockers an einer roten Ampel, und es werden fünf Schüsse vom Beifahrersitz auf den Fahrer des Bentleys abgegeben. Der 38-Jährige wird lebensgefährlich an Kopf und Oberkörper verletzt und ist seitdem querschnittsgelähmt.
Die Kripo ist sich nach Angaben des Zeugen sicher, dass die Angeklagte den Hells Angel vor der Tat beschattete. Als sie seinen Bentley vor einem Lokal auf St. Pauli entdeckte, habe sie die verschlüsselte Nachricht per SMS an das Teletext-Portal abgesetzt.
In dem Absenderkürzel seien ihre Initialen verborgen. Der Kommunikationsweg über den Teletext sei zwar eine "Einbahnstraße" gewesen, weil ihr Freund im Gefängnis kein Handy gehabt haben dürfte, sagt der 34-jährige Beamte. Aber den Teletext habe er immer zur vollen Stunde am Fernseher lesen können.
Durch die Auswertung von Videoaufnahmen kommt die Polizei schnell auf das Mercedes-Coupé. Die Kennzeichenabfrage ergibt nach Angaben des Kripobeamten, dass der Wagen auf einen Mann aus dem Umfeld des Angeklagten zugelassen ist. Sogar die Ortung des Wagens gelingt über die eingebaute SIM-Karte des Fahrzeugs.
Somit können die Ermittler den Fluchtweg der Täter durch eine Funkzellenabfrage rekonstruieren. Die Fahrt ging demnach über einen Umweg zunächst in den östlichen Stadtteil Jenfeld. Am frühen Morgen fuhr das Auto über die A7 nach Limburg an der Lahn in Hessen. Am folgenden Wochenende setzt sich der Wagen wieder in Bewegung erst nach Berlin, dann Magdeburg, schließlich Wittenberge.
Die Polizei überwacht den Mercedes. Am Bahnhof der brandenburgischen Stadt steigt die Fahrerin aus, Beamte fotografieren sie - es ist die Angeklagte. Längst wissen die Beamten auch, wo die Frau hinwill: zu einem Besuch ihres Freundes in der JVA Hamburg-Billwerder.
Ihr Handy ist zwar auf eine fiktive Person angemeldet, aber in der JVA ist bekannt, dass die Nummer zu ihr gehört. Das Gespräch der beiden dort hören die Ermittler ab. Am Folgetag wird die 24-Jährige verhaftet.
Titelfoto: JOTO