Prozess um versuchten Totschlag fortgesetzt: Zuschauern kommen die Tränen
Hamburg - Im Prozess um einen 44-Jährigen, der seine Ex-Partnerin in Hamburg vor den Augen des gemeinsamen Kindes niedergestochen haben soll, hat am Montag das Opfer (36) ausgesagt.
Am Donnerstag hatte der Angeklagte die Vorwürfe gegen ihn nach einer Rücksprache mit seiner Verteidigerin schließlich eingeräumt.
Er soll seine Ex-Partnerin und Mutter des gemeinsamen sechsjährigen Sohnes im Januar dieses Jahres in Hamburg-Barmbek sieben Mal in den Oberkörper gestochen haben. Die Frau kam mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus.
Am Montag schilderte die 36-Jährige den Angriff aus ihrer Sicht: Sie sei von ihrem Ex-Freund auf offener Straße überrascht worden, als sie gerade mit dem Sohn und ihrem neuen Lebenspartner den Müll wegbringen wollte. Er habe sie zunächst zu Boden gestoßen. "Es war aus dem Nichts. Er hat sofort sein Messer gezogen. Es ging alles so schnell", sagte sie.
Nicht nur dem Opfer, sondern auch zahlreichen Zuschauern im Gerichtssaal kamen bei den Schilderungen der Einzelheiten die Tränen. Sie habe ihren Ex-Freund vom Boden aus angebettelt, es nicht zu tun, so die Hamburgerin weiter. Dann habe er schon ausgeholt und mehrfach auf sie eingestochen. "Ich konnte nur noch mitzählen."
Wie eine Nachbarin bereits ausgesagt hatte, stand der gemeinsame Sohn die ganze Zeit daneben. Seine Schreie habe sie nicht wahrgenommen, so die 36-Jährige. Doch sie habe ihren Sohn nach dem Angriff darum bitten müssen, die Polizei zu rufen. "Mama, ich schaffe das nicht", habe er zu seiner lebensgefährlich verletzten Mutter gesagt.
Der Angeklagte schaute während der Schilderungen, die ihm von einem Dolmetscher übersetzt wurden, teilnahmslos zu Boden, schloss zwischenzeitlich auch die Augen.
Angeklagter und Opfer leben schon seit Jahren getrennt
Dem Vorfall war ein längerer Sorgerechtsstreit vorausgegangen, in dem die Mutter das alleinige Sorgerecht für ihren Sohn erhalten hatte.
Auch in ihrer Beziehung habe Gewalt immer eine Rolle gespielt, so die Hauptzeugin weiter. "Wir hatten leider viele Vorfälle, wo ich Angst um meinen Sohn und mich hatte."
Nach dem Angriff kann sie noch immer ihre rechte Hand nicht bewegen, leidet seitdem unter Angst- und Panikattacken. Im Alltag ist die 36-Jährige auch mehr als ein halbes Jahr nach der Tat noch auf Hilfe angewiesen.
Titelfoto: TAG24/Franziska Rentzsch