Mann fährt in küssendes Paar auf Zebrastreifen und tötet Frau: Unfall oder Mord?
Frankfurt am Main - Ein Pärchen küsst sich auf einem Zebrastreifen, dann wird die Frau von einem Auto erfasst und stirbt. Nachdem der Bundesgerichtshof ein erstes Urteil gegen den Fahrer aufgehoben hatte, steht der neuerliche Prozess nun vor dem Abschluss.
Nach zehn Monaten Verhandlungsdauer soll in dem Prozess um einen mehr als acht Jahre zurückliegenden tödlichen Verkehrsunfall auf einem Zebrastreifen in Kriftel noch vor Weihnachten ein Urteil gefällt werden.
Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Frankfurt will an diesem Freitag die Schlussvorträge von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklägern entgegennehmen.
Der heute 34 Jahre alte Angeklagte war Mitte August erstmals in Untersuchungshaft gekommen, weil er sich - so die Richter - möglicherweise auch eines Mordes aus niedrigen Beweggründen schuldig gemacht haben könnte.
Im September 2015 hatte sich der Unfall an einem Kreisel in Kriftel (Main-Taunus-Kreis) ereignet. Der Angeklagte war dabei auf das Pärchen zugefahren, das sich auf einem Zebrastreifen geküsst hatte.
Während die 41 Jahre alte Frau unter das Auto geriet und rund 400 Meter mitgeschleift wurde, konnte sich ihr 38 Jahre alter Lebensgefährte mit einem Sprung zur Seite retten.
Die Frau erlag später ihren schweren Verletzungen. Die Ermittlungen gegen den Unfallverursacher wurden zunächst wegen Totschlags geführt, endeten aber im Februar 2018 vorerst mit einer Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu fünfeinhalb Jahren Haft.
Jetzt steht der Angeklagte sogar unter Mordverdacht
Dieses Urteil des Landgerichts Frankfurt wurde vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Die Richter monierten in ihrer Entscheidung, ein möglicher bedingter Tötungsvorsatz sei nicht ausreichend geprüft worden.
Die Staatsanwaltschaft, die sechseinhalb Jahre Haft wegen Totschlags gefordert hatte, war neben der Verteidigung und der Nebenklage ebenfalls in Revision gegangen.
Weil der Angeklagte lange Zeit nicht in Haft war und Haftsachen stets Vorrang haben, lagen die Akten mehrere Jahre beim Gericht, ehe im Februar dieses Jahres der zweite Prozess gegen den Angeklagten eröffnet wurde.
Im August vertrat dann ein neuer Sachverständiger vor Gericht die Auffassung, dass der Autofahrer anhand seiner Lenkbewegungen bemerkt haben musste, dass die Frau unter sein Auto geraten war. Dennoch habe er den Wagen nicht angehalten.
Für die Schwurgerichtskammer ergab sich daraus ein möglicher Mord - die Inhaftierung rund acht Jahre nach dem Unfall war die Folge für den Angeklagten.
Sollte er tatsächlich wegen Mordes verurteilt werden, droht ihm lebenslange Haft.
Titelfoto: Andreas Arnold/dpa