Wegen gefälschter Corona-Atteste verurteilt: Ärztin kommt vorerst auf freien Fuß
Dresden - Urteil im Hochsicherheitsgericht: "Reichsbürger"-Ikone Bianca W. (67) muss in den Knast. In den Corona-Jahren verkaufte die Ärztin aus Moritzburg über 1000 Atteste zur Maskenbefreiung und Impfbescheinigungen an ihre Patienten, nahm damit hochgerechnet über 300.000 Euro ein. Noch während der Urteilsverkündung musste die Sitzung am Montag aufgrund von lautstarken Protesten unterbrochen werden. Letztlich kam die 67-Jährige vorerst auf freien Fuß.
Um 9.23 Uhr betrat Richter Jürgen Scheuring (55) den Saal. Das Urteil: zwei Jahre und acht Monate Haft – deutlich milder, als von der Staatsanwaltschaft gefordert (vier Jahre und zehn Monate). Außerdem bekam die Bianca W. ein dreijähriges Berufsverbot.
Als Scheuring schließlich einzelne Namen der Atteste verlas, machte ein Zuschauer seinem Unmut freie Luft: "So vielen Leuten hat sie geholfen mit ihren Attesten", brüllte er – und wurde des Saals verwiesen.
Doch damit nicht genug. Er löste mit seiner Reaktion eine Protestwelle aus: Die knapp 110 Besucher sangen die Nationalhymne, skandierten "Freiheit! Freiheit!", einzelne Rausschmisse wurden von "schämt euch"-Rufen begleitet.
Schließlich wurde der Saal gegen 9.35 Uhr mit Kräften der Bereitschaftspolizei geräumt. Erst gegen 11 Uhr ging der Prozess weiter.
Dann eine Wende: Trotz ihrer Strafe von zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis kommt Bianca W. nun vorerst auf freien Fuß. Bis das Urteil rechtskräftig ist, wurde ihr Haftbefehl außer Kraft gesetzt.
Dafür muss sie allerdings folgende Auflagen erfüllen:
- Sie muss sich jeden Dienstag um 8.30 Uhr bei der Moritzburger Polizei melden.
- Jede Aufnahme einer Tätigkeit – auch unentgeltlich –, insbesondere die eines Teilberufs, muss von ihr angezeigt werden.
- Sollte sich ihr Aufenthalt ändern, muss auch dies gemeldet werden.
Vor dem Gerichtsgebäude herrschte daraufhin ausgelassene Stimmung. Es wurde gesungen, eine Frau hat ihre Gitarre gezückt. Auch die eine oder andere Träne rollte bei den Anhängern der Ärztin.
Bianca W. stellte während Corona-Pandemie 1003 gefälschte Atteste aus
Sie selbst bezeichnet sich als Angehörige des "Indigenen Volkes der Germaniten": Bianca W., seit Februar 2023 in U-Haft, stellte während der Corona-Pandemie 1003 falsche Atteste aus – meistens sogar ohne Untersuchung.
Kunden soll es in ganz Deutschland gegeben haben. Pro Attest sollen diese dann zwischen 25 und 50 Euro hingelegt haben. Bei über 1000 Attesten müsste Bianca W. daher theoretisch rund 360.000 Euro verdient haben. Angeklagt waren aber nur 48.000 Euro, da sich der Rest wohl in Luft auflöste.
Die "Gefälligkeitsbescheinigungen" hat ein sogenanntes Bioresonanz-Gerät möglich gemacht. Mainzer Wissenschaftler hatten sich solche Geräte angesehen und festgestellt, dass sie beste Gesundheitswerte sogar für Leberkäse und eine Leiche bescheinigten.
Zu Corona-Hochzeiten hatte W. drei Varianten "im Angebot". Sie bescheinigte den angeblichen Patienten, dass sie aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen müssten, ein generelles Impfverbot bestünde oder wahlweise, dass der Untersuchte nur einen Spucktest machen dürfe.
Mancher Kunde kaufte alle drei Bescheinigungen, andere ließen ihre gesamte Familie "attestieren".
Erstmeldung: 9.51 Uhr, zuletzt aktualisiert um 13.59 Uhr.
Titelfoto: Peter Schulze