Trio wegen Nazi-Verlag vor Gericht! Erster Angeklagter gesteht: "War über mich selbst erschrocken"
Dresden - Im Prozess gegen die drei mutmaßlichen Mitglieder des Verlages "Der Schelm" legte der erste Angeklagte am heutigen Donnerstag ein Geständnis ab. Umfangreich erzählte Matthias B. (38) am Vormittag im Hochsicherheitsgericht am Hammerweg in Dresden, wie die Geschäfte mit den rassistischen Büchern liefen.
Laut Generalbundesanwalt schlossen sich Matthias B., Enrico B. (41) und Annemarie K. (38) mit dem Verlagsgründer Adrian P. (60) zusammen, um Bücher mit antisemitischem Inhalt zu verbreiten.
Machwerke von Hitler, Mahler oder Hiemer für mehr als 800.000 Euro wurden versandt. Bei der Razzia wurden noch Publikationen für 900.000 Euro, unter anderem im Lager in Bad Lausick gefunden.
Matthias hatte nach eigenen Angaben einst einen eigenen Verlag, kannte Adrian aus dem NPD-Umfeld. Als sein Geschäft einbrach, war es "ein Geschenk des Himmels" für Adrian und dessen Verlag "Der Schelm" zu arbeiten, die Bücher zu setzen und für den Druck vorzubereiten.
Gedruckt wurde letztlich in Ungarn. Dort seien die Preise niedrig, und "es wird nicht so genau auf den Inhalt geachtet".
"Der Schelm"-Prozess: "Geärgert, dass ich mit so einem Idioten zusammengearbeitet habe"
Ursprünglich wurden die Bücher über eine Händlerin in Hessen versandt. "Der wurde es aber zu heiß, und Adrian wurde immer extremer", so Matthias, der selbst auch den Versand der antisemitischen Bücher ablehnte. "Es ist etwas anderes, die Bücher zu setzen, als sie in Umlauf zu bringen", erklärte er.
Aber im Leipziger Ex-NPD-Stadtrat Enrico B. und dessen damaliger Lebensgefährtin Annemarie habe Adrian (der sich inzwischen in Russland aufhält und per internationalem Haftbefehl gesucht wird) neue Partner für den Vertrieb gefunden. Matthias installierte dafür die Software und fast alles lief vollautomatisch. Bis zur Razzia im Dezember 2020.
Später kam Matthias in Haft, wurde auf Kaution entlassen, sicherte für die Behörden zahlreiche Daten des Verlages, half damit bei den Ermittlungen. "Als ich im Januar 2023 meine eigene Akte bekam und alles nachlas, war ich über mich selbst erschrocken. Ich habe mich geärgert, dass ich mit so einem Idioten zusammengearbeitet habe", so der Angeklagte, der inzwischen am Aussteigerprogramm "exit" teilnimmt.
Am Nachmittag will das Oberlandesgericht noch mit der Vernehmung von Enrico B. beginnen.
Erstmeldung 5.51 Uhr, Update um 13.13 Uhr.
Titelfoto: Bildmontage/Peter Schulze