Tankstellen-Räuber gesteht weitere Tat vor Gericht, damit "kein anderer für meine Sünden büßen muss"
Dresden - Es gibt noch Ganoven-Ehre! "Ich möchte nicht, dass ein anderer für meine Sünden büßen muss", sagte Mario H. (27) am Freitag im Landgericht Dresden. Er sagte im Prozess gegen Sylvio Z. (49) aus. Der soll laut Anklage die Shell-Tankstelle an der Löbtauer Straße überfallen haben. "Ich war das", sagte allerdings Mario.
Der Reihe nach: Beim Überfall im März 2022 nutzte der Täter einen Pappkarton, um die Waffe zu verbergen, die er dann dem Tankwart vorhielt, um 106 Euro zu erbeuten. Den Karton ließ der Räuber zurück. Darauf war DNA von Sylvio. Den kennt die Polizei aus Ermittlungen wegen Körperverletzung und Diebstahl, die über 20 Jahre zurückliegen.
Weil die Fahnder meinten, den hageren Mann auch auf den Überwachungsvideos zu erkennen, kam er im Dezember in U-Haft.
"Sie haben den Falschen", beteuert Sylvio seither. Immerhin: Er kennt die Tankstelle, weil er in den Discountern daneben oft einkauft. "Ich nutze dazu leere Kartons. Nach dem Einkauf räume ich alles in meinen Rucksack, die Pappe bleibt liegen", sagte Sylvio.
Im März 2023 nun wurde Mario verhaftet. Er hatte gerade die Jet-Tankstelle ebenfalls an der Löbtauer Straße überfallen, verlor die Beute auf der Flucht und kam sofort in U-Haft. Laut den Fahndern überfiel er die Tanke sogar zweimal.
"Beim Gespräch über seine Taten fragte ich meinen Mandanten, ob da noch mehr wäre", so sein Anwalt Robert Zukowski (45). "Da sagte er: 'Ja, der Überfall auf die Shell-Tanke vor einem Jahr.'"
Traumatisierter Tankwart identifiziert Täter sofort
Der Anwalt wusste, dass in der Sache schon jemand in U-Haft saß, und hakte nach. "Nein, das war ich", erklärte Mario nun auch im Gericht. Die Pappe hatte er tatsächlich vom nahen Markt mitgenommen. Von ihm fand sich nur eine schwache DNA-Spur daran - er trug ja Handschuhe.
Auch den noch immer traumatisierten Tankwart Tom M. (26) hörte sich die Kammer an.
Die Richterin bat sowohl Sylvio als auch Mario, den Satz zu sagen, den der Täter beim Überfall im März 2022 von sich gab: "Du musst hier nicht den Helden spielen", sagten also die Männer. Tom M. zuckte zusammen und identifizierte sofort Mario.
Auch weitere inzwischen durchgeführte Ermittlungen entlasteten Sylvio massiv. So hat Mario die Schreckschusswaffe von der Tat später im Internet verkauft.
Außerdem wurde nach dem Überfall ein Spürhund eingesetzt. Der verfolgte die Fährte des Täters tatsächlich bis zum Wohnhaus von Mario. Weil der aber bis dahin nicht polizeibekannt war, wurde die Spur nicht weiter verfolgt.
Nach Ende des ersten Prozesstages wurde Sylvio vom Landgericht aus der U-Haft entlassen. Es besteht kein dringender Tatverdacht mehr. Er kann auf baldigen Freispruch hoffen. Der Prozess gegen Mario steht noch aus ...
Titelfoto: Peter Schulze