Mehrjährige Haftstrafe für Linksextremistin Lina E.: Richter muss Verhandlung unterbrechen

Dresden - Im Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. (28) und drei weitere Angeklagte hat das sächsische Oberlandesgericht in Dresden mehrjährige Haftstrafen verhängt.

Nach 100 Prozesstagen wurde ein Urteil gegen Lina E. gefällt.
Nach 100 Prozesstagen wurde ein Urteil gegen Lina E. gefällt.  © Peter Schulze

Das Gericht verurteilte die 28-Jährige am Mittwoch unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten.

Die mitangeklagten Lennart A. (drei Jahre), Jannis R. (zwei Jahre, fünf Monate) und Jonathan M. (Drei Jahre, drei Monate) erhielten ebenfalls Haftstrafen.

Mit dem Urteil blieb das Gericht unter der Forderung der Bundesanwaltschaft, die für E. acht Jahre Freiheitsstrafe gefordert hatte.

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Für die drei mitangeklagten Männer hatte die Bundesanwaltschaft in dem seit September 2021 laufenden Prozess zwischen zwei Jahren und neun Monaten sowie drei Jahren und neun Monaten Haft beantragt.

Richter muss nach Verkündung Prozess unterbrechen

Auch im Gerichtssaal hatten die Angeklagten viele Unterstützer.
Auch im Gerichtssaal hatten die Angeklagten viele Unterstützer.  © Peter Schulze

Der Prozess begann mit Applaus für die Angeklagten und dem Sprechchor: "Wir sind alle 129a."

Unterstützer und Sympathisanten protestierten im Saal lautstark gegen das Urteil. Der Richter leitete seine Urteilsbegründung grundsätzlich ein: "Der Gegenstand waren mehrere gewalttätige Angriffe auf tatsächliche und mutmaßliche Rechtsextremisten", sagte Hans Schlüter-Staats (61) und betonte die Probleme in der Gesellschaft mit Rechtsextremismus. "Aber auch ein achtenswertes Motiv lässt die Strafbarkeit nicht entfallen", sagte er. "Es bleiben schwere Straftaten."

Nach Verkündung des Strafmaßes unterbrach Schlüter-Staats die Verhandlung, weil Zuschauer "Faschofreunde" und "Scheiß Klassenjustiz" zur Richterbank skandierten.

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Zur Urteilsverkündung wurde besonders Lina E. von Angehörigen und Anhängern im Saal mit tosendem Beifall, stehenden Ovationen und Sprechchören empfangen und minutenlang gefeiert.

Vor dem Gebäude am Stadtrand, in dem sich der Hochsicherheitssaal von Sachsens Justiz befindet, demonstrierten mehrere Dutzend Anhänger vor allem aus Leipzig und bekundeten Solidarität mit Lina E.

Einer der Angeklagten machte seine Botschaft deutlich.
Einer der Angeklagten machte seine Botschaft deutlich.  © Peter Schulze
Richter Hans-Schlüter-Staats (61) verhängte eine mehrjährige Haftstrafe gegen Lina E.
Richter Hans-Schlüter-Staats (61) verhängte eine mehrjährige Haftstrafe gegen Lina E.  © Peter Schulze

Lina E. bedankte sich bei ihrer Familie und Unterstützern

Vor dem Prozessgebäude versammelten sich Unterstützer der Angeklagten.
Vor dem Prozessgebäude versammelten sich Unterstützer der Angeklagten.  © Peter Schulze

Die Vorwürfe gegen Lina E. und die anderen Beschuldigten wogen schwer. Der Generalbundesanwalt warf ihnen vor, zwischen 2018 und 2020 tatsächliche oder vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach brutal zusammengeschlagen zu haben.

E. gilt bei der Anklagevertretung als Kopf der Gruppe. In mindestens zwei Fällen soll sie das Kommando geführt haben. Ein Kronzeuge hatte die Beschuldigten belastet. Laut Anklage wurden 13 Menschen verletzt, zwei davon potenziell lebensbedrohlich. Die Beschuldigten hätten den demokratischen Rechtsstaat ebenso abgelehnt wie das staatliche Gewaltmonopol, lautete eine weitere Anschuldigung.

Der unter hohen Sicherheitsvorkehrungen laufende Prozess hatte im September 2021 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt saß Lina E. schon zehn Monate in Untersuchungshaft, während die Männer auf freiem Fuß blieben.

Bis auf Angaben zur Person schwiegen die Beschuldigten zu den Vorwürfen. Nur Lina E. ergriff beim "letzten Wort" die Chance und bedankte sich bei ihren Eltern, Angehörigen, allen Unterstützern und Verteidigern. Zu diesem Zeitpunkt war ihr das mögliche Strafmaß schon bekannt.

Für die Verteidigung kamen nach dem Prozessverlauf nur Freisprüche infrage, sie hält den Prozess für politisch motiviert und am falschen Ort geführt. Allein der Umstand, dass die GBA die Ermittlungen an sich zog, habe zu höheren Strafanträgen geführt, argumentierten sie in ihren Plädoyers.

Sie sahen ihre Mandanten einer Vorverurteilung ausgesetzt und warfen den Bundesanwälten vor, bei der Verurteilung rechter und linker Straftäter unterschiedliche Maßstäbe anzusetzen. Dem Gericht wurde unterstellt, voreingenommen zu sein.

Erstmeldung 10.45 Uhr, zuletzt aktualisiert um 18.21 Uhr.

Titelfoto: Peter Schulze

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