Juwelenraub im Grünen Gewölbe: Wachschutz muss keinen Schadenersatz blechen
Dresden - Nach dem Juwelenraub im Grünen Gewölbe muss der Wachschutz keinen Schadenersatz an den Freistaat zahlen. So entschied der 5. Zivilsenat am Landgericht Dresden am Dienstag. Sachsen hatte den Sicherheitsdienst auf 15 Millionen Euro verklagt - und scheiterte.

Im November 2019 stiegen Männer des Remmo-Clans ins Schloss, rissen aus der Vitrine historische Schmuckstücke. Brillanten und Diamanten im Gesamtwert von 116 Millionen Euro verschwanden. Im Strafprozess, bei dem fünf Täter verurteilt wurden, gab der Clan einige Stücke, wenn auch ramponiert, zurück.
Der Freistaat bezifferte den (Rest-)Schaden inzwischen auf 76 Millionen. Vom Dresdner Wach- und Sicherungsinstitut (DWSI) fordert Sachsen 15 Millionen Euro Schadenersatz, zuzüglich 300.000 Euro für Schäden am Gebäude.
Dazu wurde eine Liste mit zehn Pleiten, Pech und Pannen vorgelegt: Demnach bekam das Wachpersonal nicht mit, dass die Täter Tage zuvor am Gitter sägten, um durch ein Fenster einzusteigen. Der Außenscanner war aus, das Personal nicht ständig vor den Überwachungsmonitoren.
Statt den Alarmknopf zu drücken, wurde der Notruf gewählt, was die Ankunft der Polizei verzögerte. Das Wachpersonal vom gegenüberliegenden Zwinger (bewaffnet und mit Hund) sah zwar, wie der Tat-Audi beladen wurde, griff aber weder ein noch wurden die Kollegen im Schloss alarmiert. Über ein Jahr wurde über die Schadenersatzforderung beim Zivilprozess am Landgericht gestritten.
Senat sieht kein Verschulden beim Sicherheitsdienst

Dabei wies der beklagte DWSI die Vorwürfe zurück. Die Sicherheit der Mitarbeiter ginge vor, es dürfe weder einfach so geschossen noch der Hund losgelassen werden. Auch die Ermittlungen gegen das Personal wegen angeblicher Pflichtverletzung seien ja eingestellt worden.
Bei den meisten Punkten sah der Senat um Richter Ralf Högner (61) von vornherein kaum einen "kausalen Zusammenhang" mit der Tat.
Blieben zwei große Streitpunkte: so der Außenscanner. Der war seinerzeit abgeschaltet, weil er zu anfällig war, meldete also keinen Einbruch. Doch im Strafverfahren kam heraus, dass die Polizei eine Woche nach der Tat den Bruch "nachspielte".
Mit eingeschaltetem Außenscanner, der aber auch da nicht anschlug! Auch der Richter Högner befand: "Zwischen Nische und Fenster war der Scanner 'blind'. Der Einbruch wäre also auch trotz eingeschalteten Scanner möglich gewesen."
Zweiter "Knackpunkt" war der angeblich verzögerte Notruf. Aber auch da sah der Senat kein Verschulden beim Sicherheitsdienst. Die ersten Bilder vom Einbruch flimmerten um 4:58:13 Uhr über die Monitore in der Sicherheitszentrale. Der Notruf war beendet um 4:59:14 Uhr. Danach lag alles in den Händen der Polizei.
Die Wachleute hatten laut Richter schnell genug reagiert. "Kurz: An den Beklagten lag es nicht", so der Richter. Der Freistaat hat aber die Möglichkeit, das Urteil beim Oberlandesgericht prüfen zu lassen.
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