Terrorprozess in Dresden: Mutmaßlicher Kalifat-Kämpfer soll dem IS gedient haben
Dresden - Im Terrorprozess gegen einen 33 Jahre alten Iraker will der Beschuldigte vorerst keine Angaben machen. Das erklärte sein Verteidiger nach Verlesen der Anklageschrift.
Der Generalbundesanwalt wirft dem Mann Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor.
Laut Anklage legte er 2013 den Treueeid gegenüber dem Islamischen Staat ab. Später soll er an mindestens zwei Kampfeinsätzen des IS teilgenommen und unter anderem als Geheimpolizist in verschiedenen Einheiten des IS-Sicherheitsapparats im Nordirak gearbeitet haben.
Nach Angaben der Generalbundesanwaltschaft wurde der Mann für seine Arbeit monatlich entlohnt. Der Anklage zufolge erhielt er vom damaligen IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi (1971-2019) einmalig 2000 US-Dollar (umgerechnet etwa 1800 Euro) und eine Pistole der Marke Glock als Geschenk.
Wann genau er nach Deutschland kam, ist unklar. Zuletzt lebte er in einer Unterkunft für Asylbewerber in Freiberg. Im November 2023 wurde er dort festgenommen. Derzeit befindet er sich in U-Haft.
Der IS steht für Mord, Hinrichtungen und Kriegsverbrechen
Die Bundesanwaltschaft ging in der Anklage auch auf Hintergründe des IS ein, dessen Ziel die Errichtung eines Kalifats im Irak und Teilen Syriens sowie angrenzender Staaten war.
Der IS sei gegründet worden, um Mord, Totschlag, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu verüben, hieß es. Zivile Opfer habe die Vereinigung in Kauf genommen. Jeder, der sich dem IS entgegenstellte, sei als Feind des Islam betrachtet worden.
Mehrere Tausend Kämpfer seien einem Kriegsminister unterstellt gewesen. Der Islamische Staat stehe für Selbstmordanschläge, Hinrichtungen, Folter, Massaker an der Zivilbevölkerung und Anschläge im Ausland. Grausame Hinrichtungen seien gefilmt und im Netz veröffentlicht worden.
2019 habe der IS als militärisch besiegt gegolten, Ableger seien aber bis heute aktiv, unter anderem in West- und Zentralafrika.
Anklage stützt sich auf Dokumente
Der Prozess findet am Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden statt. Den Vorsitz hat Richter Hans Schlüter-Staats. Die Anklage stützt sich auf Dokumente.
Gespräche über eine Verständigung gab es nach Aussage des Vorsitzenden Richters bisher nicht. Für den Prozess in einem speziellen Gebäude des OLG sind bis September weitere sieben Termine angesetzt.
Bei der Fortsetzung am morgigen Dienstag sollen vier Zeugen gehört werden, darunter ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
Seit 2017 verhandelt der OLG-Staatsschutzsenat Extremismus- und Terrorismusverfahren in der zum Hochsicherheitssaal umgebauten Mensa einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge.
Dort liefen bisher rund 20 Prozesse, auch besonders sicherheitsrelevante Verfahren mit vielen Angeklagten und entsprechend Verteidigern.
Titelfoto: Fotomontage: Jan Woitas/dpa