Gerangel unter Richtern: Wie prozessfähig ist dieser Mann wirklich?
Dresden - Der Patient ist halbseitig gelähmt, sitzt im Rollstuhl und ist auf Hilfe angewiesen - keine Szene aus einem Pflegeheim, sondern Realität am Landgericht Dresden. Wachmänner schoben den Angeklagten Mohammad P. (65) im Rollstuhl in den Saal. Bei dem mutmaßlichen Drogenhändler kennt die Justiz aber wohl keine Gnade.
Wie berichtet, sollen der gebürtige Iraner sowie vier Mitangeklagte dreimal 700 Kilo Heroin aus dem Nahen Osten nach Sachsen gebracht haben. Getarnt als Kräuterseife kam die heiße Ware in ein Lager in Grumbach.
Eine Ladung fing der Zoll im Hamburger Hafen ab, das BKA ermittelte. Seit Oktober 2023 wird am Landgericht Dresden verhandelt.
Mohammad, der laut Anklage "Zwischenlager" organisierte, ist herzkrank, wurde im Prozessverlauf schon operiert.
Dann erlitt er im Knast einen schweren Schlaganfall. Die Richter zogen im Mai die Reißleine: Sie trennten das Verfahren gegen ihn ab, entließen ihn aus der Haft. Gesundheit geht schließlich vor.
Doch das Oberlandesgericht (OLG) entschied jetzt: Es besteht Fluchtgefahr. Keine 24 Stunden später holten mehrere BKA-Beamte den schwerkranken Rollstuhlfahrer zurück in den Knast! Und daran gefesselt wurde Mohammad nun vor den Richter gerollt, zum Fortsetzungsprozess.
Bei dem seine Anwälte freilich forderten, den Haftbefehl wieder außer Vollzug zu setzen. Jetzt soll ein Gutachter prüfen, ob der Angeklagte überhaupt verhandlungsfähig ist
Titelfoto: Peter Schulze