Freispruch mit Beigeschmack: Räumte er das Konto seiner dementen Mutter ab?
Dresden - Wenn ein Mensch seine Zurechnungsfähigkeit im Alter verliert, ist das oft eine persönliche Tragödie. Aber auch rechtlich wird es in solchen Fällen kompliziert. Besonders, wenn es ums Geld geht.
Das zeigte sich am Montag im Fall von Steffen J. (62) am Dresdner Amtsgericht: Rund 90.000 Euro soll er seiner dementen Mutter abgezockt haben, doch weder ließ sich das nachweisen, noch hätte er dafür verurteilt werden können.
Die Vorwürfe wiegen schwer. Steffen J. soll Ende 2018 in einer Vollmacht ein Blatt ausgetauscht haben, sich dadurch als alleinigen Vertreter seiner Mutter eingesetzt haben. Danach soll er zunächst mit ihr zusammen, später allein mit ihrer Karte immer wieder Geld vom mütterlichen Konto abgehoben haben.
90.000 Euro kamen dabei weg. Sein Bruder schöpfte Verdacht und zeigte ihn daraufhin an.
Doch Steffen J. bestreitet alles: Die Mutter sei noch fit gewesen, die Abhebungen seien für sie gewesen.
Richter Arndt Fiedler: "Kein Freispruch erster Klasse"
Doch wirklich nachweisen, was mit den 90.000 Euro geschehen war, ließ sich nicht. Auch was die Vollmacht angeht, waren sich die Brüder nicht sicher.
Doch ohnehin wäre für Steffen J. nur ein Freispruch infrage gekommen: In Fällen innerhalb der Familie muss ein Berechtigter Strafantrag stellen. Da Steffens Bruder nicht der Betreuer der Mutter war, zählte seine Anzeige nicht.
"Diese Verhandlung war ein Wechselbad der Gefühle", so Richter Arndt Fiedler (61). "Das ist kein Freispruch erster Klasse."
Aber man könne dem Angeklagten die Taten nicht mit Sicherheit nachweisen und einen gültigen Strafantrag gebe es auch nicht: "Unter Ihrer Anwesenheit hat sich Ihre Mutter um 90.000 Euro entreichert", so Fiedler. "Es bleibt ein bitterer Beigeschmack."
Titelfoto: Steve Schuster