Erwischt! Ahnenforscher mopste historische Dokumente in Sachsens Staatsarchiv
Dresden - Mit der Ahnenforschung meinte es Wolfgang Z. (61) wohl ein bisschen zu genau. Nun offenbarten Funde bei einer Hausdurchsuchung die verbotenen Praktiken der Freizeitbeschäftigung des gelernten Technikers.
Zwischen 2016 und 2019 beantragte der gebürtige Wuppertaler im großen Sächsischen Staatsarchiv (40 Regalkilometer) immer wieder Einsicht in Dokumente.
Sein Ziel: mehr über seinen Vorfahren Martin Z. zu erfahren, der wohl im 17. oder 18. Jahrhundert als Rentmeister, eine Art Finanzbeamter, unter der kursächsischen Krone diente.
In den insgesamt sieben "für die regionale sächsische Geschichtsforschung bedeutsamen" Archiv-Ordnern befanden sich allerhand historische Dokumente: Originalbriefe aus dem Schriftverkehr des Rentmeisters mit einem englischen Diplomaten oder alte Bauzeichnungen, etwa von der Landesschule in Grimma oder dem Fraumutterhaus in Dresden.
Doch beim Angucken der alten Schriftstücke blieb es nicht.
Anklage der Staatsanwaltschaft: Diebstahl in sieben Fällen
Wolfgang Z. faszinierte sich scheinbar so sehr für seine Familiengeschichte, dass er an verschiedenen Zeitpunkten zwischen 2018 und 2019 die Dokumente aus dem Archiv einfach einsteckte und mit zu sich nach Hause nahm!
Und nicht nur das: Um den Diebstahl zu verschleiern, fertigte er noch an Ort und Stelle eine farbige Kopie an und ließ diese als Täuschung für die Mitarbeiter des Staatsarchivs zurück. So geschehen bei einem blauen Aquarellgemälde mit dem Titel "Dresden Friedrichstadt".
Die Anklage der Staatsanwaltschaft: Diebstahl in sieben Fällen. Am ersten Verhandlungstag äußerte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen. Ein vom Verteidiger angeregtes Rechtsgespräch blieb wegen noch offener Fragen zunächst ohne Ergebnis.
Laut Gericht muss Wolfgang Z. nach Abschluss der Verhandlungen mit einer Bewährungsstrafe zwischen sechs und zwölf Monaten rechnen. Fortsetzung kommende Woche.
Das war ein "Rentmeister"
"Rentmeister" war etwa ab dem Jahr 1250 die Berufsbezeichnung für den Leiter einer Finanzverwaltung eines königlichen oder kirchlichen Herrschers.
Dort wurden zumeist Einnahmen verwaltet, die aus staatlichen Betrieben oder Gutshöfen stammten. Mit den Jahrhunderten verschwand die Bezeichnung jedoch aus dem Alltags- und Behördendeutsch.
Zuletzt änderte das Königreich Bayern 1919 den Namen seiner "Rentämter" in "Finanzverwaltung".
Titelfoto: Bildmontage: Peter Schulze