Spektakuläre Wendung im Macheten-Prozess: Hackte der Neonazi seine Finger selbst ab?

Chemnitz - Erst soll die Antifa zugeschlagen haben, dann sein Kumpan. Oder war doch alles ganz anders? Fakt ist: Im Chemnitzer Stadtpark verlor Neonazi Alexander W. (30) am 15. August 2023 drei Finger durch einen Machetenhieb, der Fall machte bundesweit Schlagzeilen. Seit dem heutigen Freitag verhandelt das Landgericht Chemnitz.

Stanley S. (38, im Bild) soll Alexander W. (30) die Finger abgehackt haben - auf dessen Bitte. Doch vor Gericht stellt der 38-Jährige alles ganz anders dar.
Stanley S. (38, im Bild) soll Alexander W. (30) die Finger abgehackt haben - auf dessen Bitte. Doch vor Gericht stellt der 38-Jährige alles ganz anders dar.  © Haertelpress

Auf der Anklagebank: Alexanders Bekannter Stanley S. (38), der mutmaßliche Macheten-Mann. Zu Beginn ließ er durch seinen Verteidiger Patrick Schäfer (49) bestätigen, dass er zum Tatzeitpunkt im Chemnitzer Stadtpark war und die Hand seines Kumpanen per Machete abtrennen sollte.

Aber: "Als es dazu kommen sollte, hat sich mein Mandant nicht dazu durchgerungen, hat das Vorhaben abgebrochen", so Schäfer.

Alexander W. habe dann die von Stanley S. gekaufte Machete genommen, die linke Hand auf einen Müllcontainer gelegt und sich selbst drei Finger abgehackt. Danach wurde die Hand abgebunden und der Notarzt gerufen.

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Die Räuberpistole, dass hier die Antifa zugeschlagen habe, war laut Staatsanwaltschaft Stanleys Idee.

Machete kann laut Verkäufer nur mit zwei Händen gehalten werden

Tagelang suchte die Polizei nach den abgehackten Fingern.
Tagelang suchte die Polizei nach den abgehackten Fingern.  © Haertelpress

Neben Polizisten war am heutigen Freitag auch Alexander W. geladen. Der Auftritt des szenebekannten Neonazis war kurz: Weil gegen ihn ein Verfahren wegen Vortäuschens einer Straftat läuft, machte W. von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Auch weigerte er sich, seinen Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden.

Die These, dass Alexander W. sich die schweren Verletzungen selbst beigebracht hatte, stützt ein Bekannter. Er sagte am heutigen Freitag aus, dass W. seit Jahren plante, durch Selbstverstümmelung Leistungen vom Staat zu kassieren.

W. soll auch mehrmals versucht haben, sich selbst die Hand abzuhacken. Über den Angeklagten sagte der Zeuge: "Er ist schon durchgeknallt, aber so bekloppt ist er nicht."

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Was die Version von Stanley S. infrage stellt, ist die Tatwaffe. Jene Machete kann nämlich laut Verkäufer nur mit zwei Händen gehalten werden ("Wie eine Axt").

Für den Prozess sind noch zwei Verhandlungstage angesetzt. Fortsetzung ist am 17. Dezember.

Erstmeldung: 29. November, 11.45 Uhr; letzte Aktualisierung: 29. November, 19.18 Uhr

Titelfoto: Haertelpress

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