Prozessauftakt im Fall Valeriia (†9): "Du wirst bis zum Ende deines Lebens weinen"
Chemnitz - Der grausame Mord an der neunjährigen Valeriia am 3. Juni 2024 hat die Region zutiefst erschüttert. Seit dem heutigen Freitag steht der Ex-Freund der Mutter, Andrei P. (37), vor dem Landgericht Chemnitz. Die Anklage lautet auf Mord.
Der erste Prozesstag geriet zu einer Marathon-Sitzung: Nach mehr als neun Stunden endete die Verhandlung gegen 18 Uhr. Der Angeklagte schwieg zunächst zu den Vorwürfen, redet dann aber doch - allerdings ohne die Tat zu gestehen.
Auch sieben Monate nach der Tat ist dieses Verbrechen schwer zu ertragen: Laut Staatsanwaltschaft soll Andrei P. das Mädchen in einem Waldstück im Döbelner Ortsteil Hermsdorf heimtückisch ermordet haben.
Ihm wird vorgeworfen, Valeriias Kopf in ein Schlammloch gedrückt zu haben, bis sie durch das Einatmen von Schlamm erstickte. Bislang hatte der Angeklagte geschwiegen - sowohl während der Ermittlungen als auch zu Beginn des Prozesses.
Als erste Zeugin sagte Valeriias Mutter, Nadiia H. (33), aus. Sie erklärte, dass sie seit Februar 2024 mit Andrei P. in einer Beziehung gewesen sei. Valeriia habe den Angeklagten in dieser Zeit "Papa" genannt, das Verhältnis zwischen den beiden sei zunächst gut gewesen.
Angeklagter redet vor Gericht schlecht über Valeriias Mutter
Doch am 20. Mai 2024 eskalierte die Situation: Nach einem gemeinsamen Ausflug sei Andrei P. ihr gegenüber gewalttätig geworden. "Er hat mich am Hals gepackt und auf das Bett geworfen", schilderte Nadiia H. vor Gericht.
Sie habe daraufhin die Beziehung beendet und den Kontakt eine Woche später abgebrochen. Zudem sei Andrei P. eifersüchtig gewesen.
Das bestätigt auch Karina S. (27), die Freundin von Nadiia H., die ebenfalls aussagte. Andrei P. sei nach dem Streit nach Tschechien gereist, um dort einen neuen Job anzunehmen.
Von seinem Arbeitgeber soll auch der Dienstwagen stammen - ein roter Mazda, mit dem er Valeriia entführt habe. Andrei P. habe Valeriias Mutter gedroht: "Wenn du mich verlässt, werde ich dir wehtun, und du wirst bis zum Ende deines Lebens weinen."
Während der Verhandlung versuchte der Angeklagte, die Mutter in Misskredit zu bringen, was vom Richter unterbunden wurde. Trotz der Konfrontation blieb Nadiia H. gefasst.
Am Ende des Verhandlungstages, nach 16 Uhr, brach der Angeklagte doch noch sein Schweigen. Doch statt eines Geständnisses stritt er die Tat ab: Zum Todeszeitpunkt, laut Gutachter 7.15 Uhr, will er in seiner Arbeitswohnung nahe Prag gewesen sein. Die Verhandlung wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.
Valeriias Schicksal schockierte Sachsen
Was als Mordfall Valeriia in die sächsische Kriminalgeschichte eingeht, begann zunächst als Vermisstenfall.
Auf dem Weg zur Schule, am 3. Juni 2024, kurz vor 7 Uhr, verschwand die Neunjährige in Döbeln zwischen der Wohnung ihrer Mutter und ihrer Schule, die an der Bayerischen Straße liegt.
Was später viel Kritik auslöste: Die Schule meldete Valeriias Fehlen nicht. So alarmierte die Mutter erst am Nachmittag die Polizei, die eine großangelegte, tagelange Suche auslöste.
Beamte durchkämmten die Gegend mit Suchhunden, Hubschraubern, Drohnen und zahllosen Einsatzkräften. Polizeitaucher suchten sogar in der Freiberger Mulde - ohne Ergebnis.
Erst gut eine Woche später, am Nachmittag des 11. Juni, wurde der Leichnam des Mädchens in einem nahen Waldstück entdeckt. Die Anteilnahme war enorm, als traurige Gewissheit herrschte: Es war Mord.
Der mutmaßliche Täter Andrei P. wurde wenig später auf der Flucht in Prag festgenommen und nach Sachsen ausgeliefert.
Titelfoto: Haertelpress