Prozessauftakt gegen Ex-Chefs des "Klein-Erzgebirge": Angeklagtem platzt der Kragen
Chemnitz/Oederan- Auftakt für einen Mammutprozess: Die Ex-Chefs der mittlerweile insolventen Erzgebirgs-Miniaturschau Oederan GmbH, Horst Drichelt (73) und Stephan Drichelt (37), müssen sich seit dem heutigen Donnerstag vor dem Amtsgericht Chemnitz verantworten.
Es geht um Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt. Laut Anklage stehen strafbare Handlungen in 49 Fällen im Raum. Horst Drichelt und sein Sohn Stephan Drichelt beschäftigten im Zeitraum von 2017 bis 2020 mindestens 42 Mitarbeiter. Laut Staatsanwaltschaft sollen die beiden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von circa 26.000 Euro den Versicherungen Barmer und AOK vorenthalten haben.
Eine der Kernfragen des Prozesses ist es laut Verteidiger Frank Tippmann, ob die von den ehemaligen Mitarbeitern geleisteten Überstunden überhaupt bezahlt werden mussten. Dies soll die Verhandlung klären. Laut Anwalt sei im Falle einer Verurteilung nur eine geringe Geldstrafe zu erwarten.
"Mein Beweggrund ist, dass ich es unschön finde, wie mit den Schwachen unserer Gesellschaft umgegangen wird", sagte Staatsanwältin Ulrike Sohr im Hinblick auf die ehemaligen Angestellten, die laut Anklage zumeist keinen Schulabschluss besäßen oder Langzeitarbeitslose seien.
Daraufhin platzte Horst Drichelt der Kragen: "Wir sind immer im 'Klein-Erzgebirge' sozial gewesen. Ich war 20 Jahre ehrenamtlicher Richter am Landesarbeitsgericht. Ich hätte mich zu Tode geschämt, auch nur einen Einzigen auszunehmen!" Verteidiger Frank Tippmann: "Es geht um die Sozialversicherungsanteile auf angeblich nicht bezahlte Überstunden."
Der Aufwand, der für die Verhandlung betrieben wird, ist immens: An mehreren Verhandlungstagen wollen die Anwälte der Beschuldigten eine Vielzahl von ehemaligen Angestellten ausführlich zu ihrem Beschäftigungsverhältnis befragen.
Titelfoto: Jan Härtel