Prozess um mumifizierte Leiche in Sachsen: Sohn lagert tote Mutter in Wanne und kassierte ihre Rente
Freiberg/Chemnitz - Auftakt im Berufungsprozess um einen bizarren mutmaßlichen Betrug: Vor dem Landgericht Chemnitz muss sich ein Freiberger (55) verantworten, der seine tote Mutter monatelang in der Badewanne lagerte und währenddessen weiter ihre Rente bekam. Im ersten Prozess war der Sohn freigesprochen worden.
Oliver H. hat einmal Einzelhandelskaufmann gelernt und machte sich gut in seinem Beruf. Das war zu DDR-Zeiten.
Doch nach der Wende ging es bergab. Lange Zeiten der Arbeitslosigkeit folgten, glaubt man Gudrun K. (70) - die beste Freundin der Verstorbenen und eine der Zeuginnen, die am heutigen Dienstag aussagte.
Doch im Mai 2019 tischte ihr H. plötzlich eine Geschichte auf, die ihr unheimlich vorkam: Seine Mutter sei für Monate ins Ausland gereist. Im Juli ging K. zur Polizei in Freiberg, wurde aber abgewimmelt.
Erst im Januar 2020 schauten Beamte bei H. vorbei und fanden - nichts. Trotz Spürhunden. Tage später rief H. selbst einen Arzt und erzählte von Mama, die - inzwischen mumifiziert - in seiner Wanne lag.
Ihre drei Konten waren nahezu leergeräumt.
Leiche wies zahlreiche Brüche auf, doch Rechtsmediziner können nichts mehr beweisen
Ist H. ein verwöhntes Dauerkind, das bis zum Schluss bei seiner Mutter lebte und sich aushalten ließ? War er extrem gerissen oder einfach nur naiv?
Oder gab es da gar noch viel mehr? Die Leiche wies zahlreiche Brüche auf, auch am Kehlkopf. Woher die stammen - unklar.
"Es war nichts mehr beweisbar", sagte der Leipziger Rechtsmediziner Jan Dreßler als Sachverständiger. Er hatte die Leiche obduziert. Der Angeklagte selbst zog es vor, zu schweigen.
Nur vor der Verhandlung gab er sich noch redselig. In der Pause hatte es ihm Gudrun K. angetan. Die jedoch wehrte höflich ab, um dann herauszuplatzen: "Du willst uns doch alle nur verarschen."
Der Prozess wird am 31. Juli fortgesetzt.
Titelfoto: Uwe Meinhold