Prozess-Auftakt gegen vier Rechtsextreme nach Ausschreitungen in Chemnitz 2018: "Die kriegen wir!"

Chemnitz - Ein tödlicher Messerangriff, spontane Demos von Rechten und ein Mob in der Innenstadt: Das Chemnitzer Stadtfest 2018 wird man so schnell nicht vergessen.

Am Montag startete der Prozess um einen massiven Angriff auf Teilnehmer einer "Herz statt Hetze"-Demonstration im September 2018 in Chemnitz.
Am Montag startete der Prozess um einen massiven Angriff auf Teilnehmer einer "Herz statt Hetze"-Demonstration im September 2018 in Chemnitz.  © Harry Härtel

Jetzt macht die Justiz mutmaßlichen Schlägern der schweren Neonazi-Ausschreitungen Ende August und Anfang September den Prozess. Vier Männer stehen seit dem heutigen Montag vor dem Landgericht, weil sie Teilnehmer eines Protestzuges angegriffen und verletzt haben sollen.

Nur vier der sechs Angeklagten waren erschienen: Mark B. (26) und Timo B. (30) aus Niedersachsen sowie Marcel W. (44) und Rico W. (34) aus Sachsen.

Der Niedersachse Pierre B. befindet sich nach Angaben seines Verteidigers in psychiatrischer Behandlung. Steven F. aus Dortmund ist nach Rechtsanwaltsangaben seit dem 16. November "spurlos verschwunden".

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Alle Angeklagten sind nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft rechtsextrem eingestellt. Die vier Anwesenden waren laut Anklage Teil einer Gruppierung, die am 1. September beim "Trauermarsch" durch die Chemnitzer Innenstadt führte.

Der Zug wurde von AfD, Pegida und Pro Chemnitz organisiert. Gleichzeitig fand mit "Herz statt Hetze" eine Gegenveranstaltung statt.

Nachdem sich beide Demos aufgelöst hatten, sollen die Angeklagten auf die Jagd gegangen sein. Unter Rufen, wie "Das sind linke Zecken. Die kriegen wir!" oder "Adolf Hitler Hooligans" sollen sie Teilnehmer der Gegendemo angegriffen und verletzt sowie eine Gruppe von SPD-Anhängern gewaltsam attackiert haben. Elf Personen kamen zu Schaden.

Die Verhandlung ist der erste von drei Prozessen zum Thema. 27 Beschuldigte sind wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Für die aktuelle Verhandlung sind elf Sitzungstage geplant.

Verhandlung und Gerichtsgebäude wurden von einem Polizei-Großaufgebot kontrolliert.
Verhandlung und Gerichtsgebäude wurden von einem Polizei-Großaufgebot kontrolliert.  © Haertelpress

Fünf Jahre nach dem Tod von Daniel H. (†35)

Deutsch-Kubaner Daniel H. (†35) wurde am 26. August 2018 niedergestochen.
Deutsch-Kubaner Daniel H. (†35) wurde am 26. August 2018 niedergestochen.  © DPA

Als der Deutsch-Kubaner Daniel H. (†35) am 26. August 2018 von dem syrischen Asylanten Alaa S. (damals 23) niedergestochen wurde und kurze Zeit später seinen Verletzungen erlag, löste dies Trauer aus - und viel Wut.

Rechtsradikale Gruppen organisierten in den folgenden Tagen Demonstrationen, die in Gewalt mündeten. So wurde am 27. August das jüdische Restaurant "Schalom" attackiert.

Unter dem Hashtag #wirsindmehr organisierte die Chemnitzer Band Kraftklub ein kostenloses Konzert gegen Rechts, das bundesweit Beachtung fand.

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Alaa S. wurde 2019 vom Chemnitzer Landgericht wegen gemeinschaftlichen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Erstmeldung: 11. Dezember, 10.43 Uhr, zuletzt aktualisiert: 17.39 Uhr

Titelfoto: Harry Härtel

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