Doping-Prozess in Chemnitz: Gewichtheberin Vicky Schlittig vor Gericht
Chemnitz - Das Thema Doping ist sehr präsent - und doch war das Verfahren am Dienstag am Amtsgericht Chemnitz besonders: Der Nachwuchs-Gewichtheberin Vicky Schlittig (19) aus Gröditz (bei Riesa) wurde vorgeworfen, bei einem Wettkampf im Jahr 2021 ein verbotenes Mittel eingenommen zu haben. Am Ende war das Urteil des aufwendigen Doping-Verfahrens eindeutig.
In dem Prozess, bei dem Vicky Schlittig die Einnahme des verbotenen Steroids DHCMT vorgeworfen wurde, ging es um zwei Fragen: Wie ist die Substanz in ihren Körper gelangt? Und vor allem: Geschah dies wissentlich oder nicht?
DHCMT wurde von DDR-Sportlern als Oral-Turinabol zur Leistungsförderung eingenommen. Nach einem Wettkampf bei der Junioren-EM im September 2021 in Finnland wurde sie, wie alle anderen Teilnehmer auch, einer Dopingkontrolle unterzogen.
Ende November kam die Nachricht: Der Test war positiv!
"Ich kann mir das nicht erklären", sagte Vicky Schlittig vor Gericht. Nach der Nachricht des positiven Dopingtests sei eine Welt für sie zusammengebrochen. Zum damaligen Zeitpunkt war sie Mitglied in einer Sportfördergruppe der Bundeswehr, aus der sie ausgeschlossen wurde.
Außerdem mussten sie und ihre Familie bis jetzt 24.000 Euro Anwalts- und Gutachterkosten stemmen.
Freispruch für Sportlerin
Während der Verhandlung wurden verschiedene Experten angehört, die unter anderem bestätigten, dass die verbotene Substanz definitiv in Schlittigs Körper gelangt ist. Jedoch war die eingenommene Menge nicht fördernd für den Muskelaufbau und somit auch nicht leistungssteigernd.
Ob jemand anderes ihr das Mittel DHCMT ins Essen oder Trinken gemischt hatte, oder es durch Berührung durch die Haut aufgenommen wurde, konnte nicht geklärt werden. Am Ende des Verfahrens beantragten sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung Freispruch, dem das Gericht auch stattgab.
Richter Karlheinz Gräwe (61): "Mit dem Urteil ist nicht die Unschuld der Angeklagten bewiesen." Allerdings bestünden erhebliche Zweifel an einer Schuld. Zu diesen Zweifeln gehört auch die Tatsache, dass 22 Dopingkontrollen von Vicky Schlittig vor diesem Wettkampf negativ waren und die Dopingkontrolle zehn Tage nach dem Event ebenfalls negativ ausfiel.
"Ich bin überrascht, mit welcher Tiefgründigkeit das heutige Verfahren stattfand. Für uns ist herausgekommen, was wir erwartet hatten", erklärt Eckehard Thau (66) vom Riesaer Athletikclub erleichtert. Er ist Vicky Schlittigs Entdecker und brachte ihr das Gewichtheben bei.
Das Urteil von der Sportgerichtsbarkeit steht noch aus. Im Gegensatz zum Strafrecht muss Vicky Schlittig dort beweisen, dass sie die Substanzen nicht bewusst genommen hat.
Titelfoto: Haertelpress/Harry Härtel