Chemnitzer Reichsbürger feuerte auf Polizisten, jetzt steht er vor Gericht
Chemnitz - Vor rund einem Jahr mündete ein Polizeieinsatz in Chemnitz-Reichenbrand in einen Schusswechsel. Beim Prozessauftakt am Dienstag ergriff auch der Angeklagte das Wort.
Martin W. (34), der sich selbst als Reichsbürger bezeichnet und Anhänger der rechtsextremen Gruppierung Pro Chemnitz ist, soll mit einer Schreckschusswaffe auf Beamte gefeuert haben.
Zum Prozessauftakt am Amtsgericht Chemnitz stellt der Angeklagte den Ablauf anders dar.
20. März 2021, 7.10 Uhr: Polizisten standen vor der Wohnung von Martin W. im Ortsteil Reichenbrand. Sie wollten ihn für sechs Tage in Erzwingungshaft stecken, weil er ein Bußgeld von 210 Euro nicht gezahlt hatte.
Da nach dem Klingeln niemand öffnete, eilte ein Schlüsseldienst herbei und bohrte das Schloss auf. In der Anklage heißt es, dass Martin W. "begann, mit einer Schreckschusspistole nach den Beamten zu schießen". Diese erwiderten das Feuer und trafen den Chemnitzer dreimal in Brust und Bauch.
Laut Gutachten waren die Verletzungen "konkret lebensgefährlich". Zwei Polizisten wurden leicht verletzt.
Der Tatverdächtige schildert den Tathergang aus seiner Sicht
Martin W. sieht den Tatablauf anders: "Ich lag in meinem Bett, als es geklingelt hat. Ich konnte nicht sehen, wer es war. Man hat sich nicht ausgewiesen." Offenbar wurde der Türspion verdeckt.
Er habe sich dann einen schwarzen "Ninja-Hoodie" übergezogen und vermummt. "Ich dachte, es war die Antifa. Ich muss mich ja verteidigen", erklärte W. Daran, ob er seine Schreckschusspistole von "Zoraki" eingesetzt hat, erinnere er sich nicht.
Am ersten Verhandlungstag fehlte ein waffentechnisches Gutachten, das die Gefährlichkeit der "Zoraki" einordnen soll. Dem Angeklagten droht wegen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren.
Martin W. kandidierte zur Stadtratswahl 2019 für Pro Chemnitz.
Titelfoto: Haertelpress