Schlafende Studentin vergewaltigt? Bolt-Fahrer macht Intim-Fotos und Selfie mit ihr
Berlin - Eine Studentin will nach dem Feiern sicher nach Hause, ruft einen Fahrtendienst - und schläft im Auto ein. Am Steuer ein 34-Jähriger, der die schutzlose Lage der jungen Frau ausgenutzt haben soll. Am Donnerstag begann am Landgericht Moabit der Prozess gegen den mutmaßlichen Vergewaltiger.
Der 20. April 2024, Elsa N. (Name von der Redaktion geändert) ist mit ihren Freundinnen in Berlin-Mitte auf einer Kneipentour unterwegs. Es ist spät geworden, N. ist müde und trank mehr als sonst.
Während die anderen sich stärken und noch weiterziehen wollen, will die 20-Jährige nur noch eines: nach Hause. Um 3.40 Uhr bestellt sie via App einen Wagen bei Bolt.
17 Minuten soll die Strecke von der Bar in der Torstraße bis zu ihrer Wohnung in Neukölln dauern, wo die Psychologiestudentin aus Schweden mit drei Freundinnen lebt. Ein kurzes "Hi" als Begrüßung, dann schläft N. im Auto ein. An der gewünschten Adresse kommt sie nie an.
Der Angeklagte: Gyunay K., 34, geschieden, zwei Kinder. Sie leben bei der Mutter in Bulgarien. Er soll eine andere Route genommen und sich an N. auf einem menschenleeren Parkplatz am Treptower Park vergangen haben. Die Vorwürfe: Vergewaltigung, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen.
Angeklagter gesteht: "Ich bereue mein Handeln außerordentlich"
Er soll sich zu ihr auf die Rückbank des weißen Hyundais gesetzt, das Fenster an der Fahrerseite mit seiner Jacke als Sichtschutz abgehangen und dann Fotos von N.s Vulva und Hintern gemacht haben. Zuvor macht er dort ein Selfie mit der schlafenden Frau.
Es zeigt: K. lächelt in die Kamera. An seiner Seite N., sie wirkt völlig weggetreten, ihr Kopf ist nach hinten geknickt. Dann soll er sich über sie hergemacht haben und, so die Anklage, vaginal in sie eingedrungen sein.
Um 6.30 Uhr wacht N. auf. "Ich habe etwas gespürt, ihn weggestoßen", erklärt N. in einer Videovernehmung, die im Gerichtssaal abgespielt wird. Auch K. verfolgt die Aufnahme - regungslos, aber mit wanderndem Blick.
N. habe ihn dann angeschrien: "Ich will das nicht. Du hast mich vergewaltigt." K.s Reaktion im Auto: "No, no", soll er zu ihr gesagt haben. Immer wieder nur: "No, no." Die Bilder von Intimbereich kann er noch rechtzeitig löschen, bevor er N. das Handy auf ihr Verlangen zum Kontrollieren gibt.
Als sie um 6.34 Uhr wiederum Fotos von ihm macht, kommt es zum Streit. N. kann ungehindert aussteigen, fotografiert das Kennzeichen, wird gerettet. "Ich versuche, nicht darüber nachzudenken", so N. zur Tat.
Der türkischsprachige Bulgare, seit 2005 in Deutschland, stellt sich freiwillig der Polizei und sitzt seit Anfang Mai in U-Haft. Er gesteht die Tat. Bei einer ersten Vernehmung behauptete er hingegen noch, das Opfer hätte gesagt, er solle sie küssen. Über seinen Verteidiger lässt er am Donnerstag verkünden, dass ihm die junge Frau "sehr gefallen" habe, er sein "massives Fehlverhalten entschuldigen" wolle. Und: "Ich bereue mein Handeln außerordentlich." Er leide unter der U-Haft, wie er sagt. Seinen Job als Fahrer gab er auf.
N. ist wieder in ihrer Heimat. Eine Rückkehr nach Berlin plane sie nicht. Der Prozess wird am 23. Juli fortgesetzt.
Titelfoto: Denis Zielke/TAG24