Obdachlosen in Moabit totgetreten: Kampfsportler wandert hinter Gitter

Von Anne Baum

Berlin - Nach tödlichen Tritten gegen einen obdachlosen Mann ist ein 42-Jähriger zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Das Berliner Landgericht sprach den Angeklagten des Totschlags schuldig.

Bei dem Prozess ging es nicht zuletzt um die Frage, ob es sich bei den tödlichen Tritten des 42-Jährigen um Mord oder Totschlag handelte. (Symbolbild)
Bei dem Prozess ging es nicht zuletzt um die Frage, ob es sich bei den tödlichen Tritten des 42-Jährigen um Mord oder Totschlag handelte. (Symbolbild)  © Monika Skolimowska/dpa

Er habe dem 48 Jahre alten Opfer nach einem Diebstahl eine Lektion erteilen wollen und mehrfach massiv gegen den Kopf des Mannes getreten, sagte die Vorsitzende Richterin Sylvia Busch.

Der 48-Jährige saß am Morgen des 7. Juli 2024 auf einer Bank vor einem Geschäftsgebäude in Berlin-Moabit, als sich der 42-Jährige mit litauischer Staatsangehörigkeit von hinten näherte.

Der Angeklagte habe "gezielt mit einem Ausholtritt" den Kopf des Opfers attackiert, so die Richterin. Der 42-Jährige habe weiter getreten - "insgesamt waren es etwa zehn Tritte".

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Anders als die Staatsanwaltschaft ging das Gericht nicht von einer heimtückischen Tat aus. Bei einer Begegnung zehn Minuten zuvor habe der 48-Jährige schnell reagiert, ein Messer gezogen und den Angeklagten bedroht, hieß es weiter im Urteil. Der 42-Jährige habe sich auch nicht angeschlichen.

Der Angeklagte, der als "kampfsporterfahren" beschrieben wurde, war laut Urteil zwei Wochen vor der Tat mit einem Bus in der Hauptstadt angekommen. Eigentlich sei er auf der Durchreise gewesen. Doch als er auf dem Bahnhof Alkohol getrunken hatte, "wurden ihm Koffer und Rucksack gestohlen".

Er habe sich neue Dokumente für eine Weiterreise beschaffen müssen, habe im Freien und in Notunterkünften übernachtet. "Die Obdachlosigkeit überforderte ihn." Der Angeklagte sei überzeugt gewesen, dass es der 48-Jährige war, der ihn bestohlen hatte.

Angeklagter gesteht vor Gericht

Der Prozess wurde am Landgericht Berlin geführt.
Der Prozess wurde am Landgericht Berlin geführt.  © Jens Kalaene/dpa

Vier Tage nach der Tat wurde der Angeklagte festgenommen. Er befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Vor Gericht gestand der 42-Jährige. Er habe den Mann aber nicht töten wollen, so der Angeklagte. Als er den Tatort verlassen habe, sei er überzeugt gewesen, dass der Mann noch lebe.

Der Verteidiger sagte, der 42 Jahre alte Handwerker sei aus Westdeutschland gekommen und habe in Richtung Kopenhagen umsteigen wollen. Am Bahnhof sei er dem 48-Jährigen mehrfach begegnet.

Das Opfer, Angaben zufolge ein usbekischer Staatsangehöriger, wurde einige Stunden nach der Tat tot gefunden. Das Geschehen war von einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes beantragt.

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Der Verteidiger plädierte auf einen Schuldspruch wegen Körperverletzung mit Todesfolge, stellte aber keinen konkreten Antrag. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Titelfoto: Monika Skolimowska/dpa

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