Nach grausamem Tod ihrer kranken Mutter: Tochter muss sich vor Gericht verantworten!
Berlin - Sie sollen die pflegebedürftige Mutter derart vernachlässigt haben, dass diese verwahrloste und starb. Klinik-Ärzte schalteten daraufhin die Polizei ein.
Rund neun Monate nach dem Tod der Frau stehen ihre Tochter und deren Ehemann vor dem Berliner Landgericht. Die 37-Jährige gab zu, "sehr viel falsch gemacht" zu haben. Sie habe den Zustand ihrer Mutter nicht wahrgenommen.
Es sei jedoch nicht böswillig geschehen. Der 43-Jährige schilderte Überforderung und sagte, ihr Leben sei damals "völlig außer Kontrolle geraten".
Die Staatsanwaltschaft legt dem Paar Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung mit Todesfolge zur Last. Seit November 2023 seien sie ihrer übernommenen Pflegeaufgabe nicht mehr adäquat nachgekommen und hätten die seit Jahren an Multipler Sklerose erkrankte 62-Jährige, die in der Wohnung der Angeklagten in Berlin-Pankow lebte, "böswillig vernachlässigt", so die Anklage.
Die Leiden der bettlägerigen Frau hätten sie missachtet, gleichgültig und aus gefühlloser Gesinnung.
Mutter habe keine Hilfe annehmen wollen
Nach den Ermittlungen muss die pflegebedürftige Mutter vor ihrem Tod ein Martyrium erlebt haben. Von einem Arzt soll die Frau zuletzt im Juni 2022 untersucht worden sein.
Die Angeklagten hätten sie nur noch mit Wasser aus einem Kanister versorgt, sie habe in einem völlig verdreckten, mit Insekten befallenen Zimmer gelegen. Sie habe sich nicht mehr allein bewegen können. Die Frau habe sich "wundgelegen", so die Anklage. Einige der Wunden sollen demnach bereits von Maden befallen gewesen sein.
Am 16. Dezember 2023 hatten die Eheleute dann einen Rettungswagen verständigt. Stark dehydriert und vernachlässigt sei die 62-Jährige in ein Krankenhaus gebracht worden, sie habe unter anderem eine Blutvergiftung, ein akutes Nierenversagen und multiple Thrombosen erlitten.
Ärzte schalteten umgehend die Polizei ein. Am 26. Dezember starb die 62-Jährige an Multiorganversagen, das infolge der Verwahrlosung eingetreten sei, so die Anklage.
Die Tochter sagte, sie habe ihre Mutter geliebt und sich um sie gekümmert. "Sie war ein toller Mensch, aber auch anstrengend, sie hatte ihren eigenen Kopf." So habe ihre Mutter keine Hilfe bei der Körperpflege annehmen wollen - "sie ließ es nicht zu". Sie selbst sei damals auch beruflich überlastet gewesen. Dass sich ihre Mutter in einem derart schlechten Pflegezustand befand und offene Wunden hatte, habe sie nicht wahrgenommen.
Als die Mutter schwer atmend auf einem Sofa in der Wohnung in Berlin-Pankow lag, holten die Angeklagten Hilfe. Knapp einen Monat nach dem Tod der Frau wurde das Paar festgenommen.
Die 37-Jährige kam nach etwa zwei Wochen wieder auf freien Fuß, vermutlich wegen der gemeinsamen Tochter. Der Mann befand sich vier Monate in Untersuchungshaft. Der Prozess wird am 8. Oktober fortgesetzt.
Titelfoto: Monika Skolimowska/dpa