Gesobau gewinnt gegen Bezirksamt bei Baumfäll-Verbot: Freie Fahrt für Flüchtlingsunterkunft?

Berlin - In Berlin-Pankow soll zwischen Wohnhäusern eine Unterkunft für Geflüchtete entstehen. Den Anwohnern gefällt das gar nicht und sie erwirkten ein Baumfällverbot, das nun wohl rechtswidrig ist. Ist der Weg damit frei für die geplanten Neubauten der Gesobau?

Die Anwohnerinitiative "Grüner Kiez Pankow" will die Baumfällung für eine Flüchtlingsunterkunft verhindern.
Die Anwohnerinitiative "Grüner Kiez Pankow" will die Baumfällung für eine Flüchtlingsunterkunft verhindern.  © Jörg Carstensen/dpa

Der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft war es vom Bezirksamt Pankow verboten worden, an der Kavalierstraße eine Flüchtlingsunterkunft zu bauen. Grund dafür war ein generelles Fällverbot für Bäume, das von der Anwohnerinitiative "Grüner Kiez Pankow" verlangt wurde.

Nun hat das Verwaltungsgericht Berlin am vergangenen Dienstag entschieden, dass das naturschutzrechtliche Fällverbot voraussichtlich rechtswidrig ist und die geplante Unterkunft wohl gebaut werden darf, wie am Donnerstag mitgeteilt wurde.

Die Gesobau will zwischen bereits vorhandener Wohnbebauung zwei Neubauten errichten, die als Unterkünfte für 422 Geflüchtete genutzt werden sollen. Hierfür verfügt sie sowohl über eine Baugenehmigung als auch über mehrere auf der Grundlage der Baumschutzverordnung des Landes Berlin erteilte Genehmigungen zum Fällen von insgesamt rund 40 Bäumen.

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Im August vergangenen Jahres holte sich die Wohnungsbaugesellschaft selbst einen sogenannten Artenschutzfach-Beitrag ein.

Die Anwohnerinitiative hingegen veranlasste daraufhin auch ein Artenschutz-Gutachten, in dem steht, dass mit der Fällung der Bäume die Brutreviere zahlreicher Vögel bedroht sind.

Daraufhin hat das Bezirksamt im Oktober "bis auf Weiteres" verboten, Bäume und Sträucher ohne eine artenschutzrechtliche Ausnahme und/oder Befreiung zu beseitigen.

Gericht: Bezirksamt hätte anders reagieren müssen

Jörg Franzen ist der Vorstandsvorsitzende der Gesobau und Sprecher der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften.
Jörg Franzen ist der Vorstandsvorsitzende der Gesobau und Sprecher der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften.  © Christoph Soeder/dpa

Hiergegen stellte die Gesobau einen Eilantrag, der "nach summarischer Prüfung" des Gerichts offensichtlich rechtswidrig ist. Zwar dürfe die zuständige Behörde nach dem Bundesnaturschutzgesetz die zur Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften erforderlichen Maßnahmen ergreifen.

Jedoch habe das Bezirksamt dabei den zugrundeliegenden Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, heißt es in der Beschlussbegründung. Die Behörde hätte in diesem Fall einen Ermessensspielraum gehabt und diesen nicht ausgeschöpft.

Wegen der sich widersprechenden Aussagen in den jeweiligen Gutachten der Anwohnerinitiative und der Gesobau hätte das Bezirksamt den Sachverhalt selbst weiter aufklären müssen, bevor es ein Fällverbot ausspricht.

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Eine Flüchtlingsunterkunft nicht bauen zu lassen, sei in diesem Fall unverhältnismäßig, weil die geplanten Fällungen auf unbestimmte Dauer verboten wurde. Die Behörde hätte konkreten Maßnahmen zur Aufklärung und Bewertung des Falls sowie eine Dauer der weiteren Bearbeitung angeben müssen.

Gesobau bekommt wieder Fällverbot auf den Tisch

Weil das Amt dem nicht nachgekommen ist, werde das geplante Bauvorhaben durch ein unbefristetes Verbot der – bereits genehmigten – Fällungen auf unbestimmte Zeit verzögert, womöglich sogar ganz blockiert. Dabei müsste dargestellt werden, welche konkreten Auswirkungen durch die geplanten Gehölzbeseitigungen für welche konkreten Arten überhaupt zu erwarten wären.

Gegen den Beschluss kann beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt werden.

Das Bezirksamt Pankow von Berlin hat am 10. Januar erneut ein sofort vollziehbares Fällverbot gegenüber der Gesobau erlassen, wogegen diese sich in einem weiteren Eilverfahren (VG 24 L 6/24) wendet.

Titelfoto: Jörg Carstensen/dpa, Christoph Soeder/dpa (Bildmontage)

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