Depressiver Studentin bei Suizid geholfen: Berliner Arzt erneut vor Gericht

Berlin - Eine Studentin (†37) litt an schweren Depressionen und wollte sterben. Ein Arzt (74) aus Berlin soll ihr Medikamente überlassen haben. Nun kommt der Mann erneut vor Gericht.

Vor dem Berliner Landgericht muss sich ab Dienstag ein 74-jähriger Mediziner verantworten.
Vor dem Berliner Landgericht muss sich ab Dienstag ein 74-jähriger Mediziner verantworten.  © Sonja Wurtscheid/dpa

Der 74-Jährige, dessen Freispruch in einem anderen Verfahren vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde, soll sich von Dienstag (9.15 Uhr) an unter anderem wegen Verdachts auf Totschlag in mittelbarer Täterschaft vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Im aktuellen Fall geht es um den Tod einer an einer schweren Depression erkrankten Studentin. Der Arzt soll ihr tödlich wirkende Medikamente überlassen haben.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 74-Jährigen vor, ihm sei bewusst gewesen, dass sie wegen ihrer Erkrankung zur freien Willensbildung nicht in der Lage gewesen sei.

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Die Studentin soll im Juni 2021 Kontakt zu dem Arzt aufgenommen haben, der sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft seit 2020 in einem deutschen Sterbehilfe-Verein engagierte. Er habe ihr zunächst tödlich wirkende Tabletten zur Verfügung gestellt. Laut Anklage erbrach die Studentin diese jedoch und überlebte.

Etwa drei Wochen später soll der Arzt der 37-Jährigen in einem Hotelzimmer eine Infusion mit einem tödlich wirkenden Medikament gelegt haben. Diese löste die Frau den Angaben zufolge selbst aus. Kurz darauf sei sie gestorben.

Studentin litt seit 2005 an schwerer Depression

In einem anderen Fall hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch des Arztes bestätigt.
In einem anderen Fall hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch des Arztes bestätigt.  © Uli Deck/dpa

Die Frau soll laut Staatsanwaltschaft seit 2005 an einer schweren Depression erkrankt gewesen sein. In einer akuten Krankheitsphase im Jahr 2021 sei es ihr laut Anklage nicht mehr möglich gewesen, einen freien Willen zu bilden.

In dieser Phase habe die Studentin den Wunsch geäußert, sterben zu wollen. Dieser Wunsch sei jedoch Teil des Krankheitsbildes einer Depression, so die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung im vergangenen April.

Für den Prozess gegen den 74-Jährigen, der sich auf freiem Fuß befindet, hat das Gericht bislang zehn Verhandlungstage vorgesehen. Der Arzt war im März 2018 in einem Verfahren vor einer anderen Strafkammer des Berliner Landgerichts vom Vorwurf der versuchten Tötung auf Verlangen freigesprochen worden - diese Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Juli 2019 bestätigt.

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Nach dem Urteil des Landgerichts hatte der langjährige Hausarzt einer 44 Jahre alten und unheilbar kranken Patientin bei ihrem Suizid geholfen und ihr Tabletten verschrieben, die sie allein eingenommen hatte.

Die Frau hatte an einer chronischen Reizdarmerkrankung gelitten. Der Patientenwille sei zu achten, so die Richter damals.

Normalerweise berichtet TAG24 nicht über Suizide. Da der Vorfall aber im öffentlichen Ausmaß diskutiert wurde, hat sich die Redaktion entschieden, es doch zu thematisieren.

Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

Titelfoto: Sonja Wurtscheid/dpa

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