Angriff auf ZDF-Team in Berlin: Angeklagte gestehen - und sprechen von "Verwechslung"
Berlin - Am 1. Mai 2020 filmt ein Team der ZDF-"heute-show" am Rande einer Querdenker-Demonstration in Berlin. Plötzlich schlägt ein vermummter Mob zu. Vor dem Amtsgericht Tiergarten haben die Angeklagten nun ein Geständnis abgelegt - und von einer "Verwechslung" gesprochen.
Knapp dreieinhalb Jahre nach dem brutalen Angriff auf das Fernsehteam wurden drei Männer im Alter von 28 bis 34 Jahren und eine 31-jährige Frau der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen.
Das Gericht verurteilte die Angeklagten zu Bewährungsstrafen von jeweils zwei Jahren. Zudem müssen sie jeweils 5000 Euro Schmerzensgeld an die Opfer zahlen.
Vor dem Prozess hatten Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidiger einen Deal ausgehandelt: Freiheitsstrafen auf Bewährung zwischen 18 Monaten und zwei Jahren sowie ein Bußgeld.
So ließen die Angeklagten, die offenbar aus dem linken Spektrum stammen, zum Auftakt fast gleich lautende Stellungnahmen von ihren Verteidigern verlesen: Den Angriff würden sie einräumen, allerdings seien sie davon ausgegangen, dass es sich bei den Presseleuten um Rechtsradikale handelte.
Für den Angriff entschuldigten sich die beiden Männer aus Berlin und das Geschwisterpaar aus Baden-Württemberg. Weitere Fragen wollten sie nicht beantworten.
Ein 63-jähriger Zeuge - der als Regisseur und Autor tätig ist und bei der Attacke Prellungen an Kopf und Knie davontrug - war nicht überzeugt: "Die von den Anwälten verlesene Entschuldigung klang sehr mechanisch. Wie kann man ein Kamerateam mit Rechten verwechseln?"
Der Fernsehmann hatte zusammen mit zwei Kollegen und drei Security-Leuten am 1. Mai 2020 für die ZDF-Satiresendung "heute-show" von einer Querdenker-Demonstration berichtet.
Zeugen sprechen von "konzertierter Aktion"
Im Zeugenstand erzählte der 63-Jährige, was dann geschah: "Wir wollten nach einem anstrengenden Drehtag eine Zigarette rauchen. Auf einmal hörte ich Gebrüll und sah, wie eine Gruppe Vermummter auf uns zu rannte."
Mit Metallstangen und Fäusten schlugen die Angreifer auf das Fernsehteam ein, traten auf dem Boden Liegende gezielt gegen den Kopf. Zwei der Geschädigten verloren zwischenzeitlich das Bewusstsein, einige litten auch Monate nach der Tat an physischen und psychischen Folgen.
Ein weiterer Zeuge, ein 53-jähriger Videojournalist, sagte: "Ich habe versucht, meinen Kopf und vor allem mein Gehirn zu schützen. Ich habe sie gebeten, aufzuhören."
Nach rund 60 Sekunden habe jemand "Rückzug" gerufen und die Gruppe sei davongelaufen, erinnerte sich der 63-Jährige. "Das war eine konzertierte Aktion", war er sich sicher.
In der mündlichen Urteilsverkündigung erklärte die Vorsitzende, das Motiv der Angreifer könne nicht festgestellt werden. Die Behauptung, es habe sich um eine Verwechslung gehandelt, sei nicht widerlegbar. Eine spontane Aktion sei wegen des Ablaufs der Geschehnisse ausgeschlossen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Titelfoto: Monika Skolimowska/dpa