Ex-Nationalkeeper Jens Lehmann im Kettensägen-Prozess verurteilt
Starnberg - Im Prozess gegen den früheren Nationaltorhüter Jens Lehmann (54) kam es in dem skurrilen Nachbarschafts-Zoff vor Gericht zur Verurteilung des Ex-Athleten: 420.000 Euro Strafe.
Zuvor forderte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung sowie 216.000 Euro Strafe.
"Mit der Kettensäge in den Händen werden Helden zu Legenden", sagte der Staatsanwalt Stefan Kreutzer am Freitag in seinem Schlussplädoyer vor dem Amtsgericht Starnberg. Oder jene Helden landen - wie hier - vor Gericht.
Dem Vize-Weltmeister von 2002 (ohne Einsatz) wird unter anderem vorgeworfen, im Sommer 2022 den Dachbalken in der neu gebauten Garage eines Nachbarn mit einer Kettensäge beschädigt zu haben.
Laut Anklage sei der mutmaßlichen Tat ein jahrelanger Nachbarschaftsstreit vorausgegangen. Entsprechend stand Lehmann nun vor Gericht wegen Sachbeschädigung, Beleidigung und versuchten Betrugs.
Für Kreutzer bestehe kein Zweifel, dass der 54-Jährige seinem Nachbarn "schlicht und ergreifend eins auswischen" wollte. Der Staatsanwalt bewertete den Ex-Athleten als "hochgradig verhaltensauffällig".
Als weiteres Beispiel nannte der Jurist den Vorfall in einem Parkhaus am Flughafen, bei dem Lehmann offenbar keine Gebühren zahlen wollte und daher Stoßstange an Stoßstange hinter einem anderen Auto durch die offene Schranke fuhr. "Und das für ein paar Hundert Euro. Bei Ihren finanziellen Verhältnissen", so der Vorwurf vor Gericht.
Richterin: Lehmann inszeniert sich seit Tag 1 als Opfer
Lehmann selbst berief sich seit dem ersten Prozesstag teilweise auf Erinnerungslücken. Er räumte ein, mit der laufenden Kettensäge in der Hand in der Garage gewesen zu sein.
Allerdings sei die Kettensäge laut seiner Aussage gelaufen, weil er für den Nachbarn die Hecke geschnitten hätte und sich nur die Garage mal ansehen wollte. Er unterstellte der gegnerischen Seite falsche Verdächtigungen sowie Rufmord.
Sein Verteidiger meinte in seinem Plädoyer: "Die Staatsanwaltschaft schießt mit Kanonen auf Spatzen." Er warf dem Staatsanwalt unter anderem Rache vor. "Dieser Gerichtssaal ist keine moralische Instanz, die einen früheren Nationalspieler zu erziehen hat." Das sah die Richterin am Ende anders: Lehmann hätte sich "durchgängig als Opfer der Justiz" inszeniert, sei aber nicht das Opfer, sondern der Täter in der Geschichte.
Der Verteidiger forderte einen Freispruch für die meisten Vorwürfe. Lediglich bei der ebenfalls im Raum stehenden Beleidigung von Polizisten fände er eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je unter 500 Euro für angebracht.
Zu wenig, wie die Vorsitzende urteilte: 210 Tagessätze zu je 2000 Euro - also insgesamt 420.000 Euro - muss Lehmann zahlen. "Der Einzige, der sich rufschädigend seiner eigenen Person gegenüber verhalten hat, ist der Angeklagte selbst", so die Richterin.
Titelfoto: Peter Kneffel/dpa