Essgestörte Jugendliche (†16) stirbt zu Hause den Hungertod: Eltern äußern sich vor Gericht

Schweinfurt - In der Corona-Pandamie zieht sich eine fünfköpfige Familie aus Unterfranken immer mehr zurück. Eine Tochter magert bis auf die Knochen ab - mit fatalen Folgen. Die Eltern stehen nun vor Gericht und äußern sich zu dem erschütternden Vorfall.

Obwohl es der Jugendlichen immer schlechter ging, holten ihre Eltern keine ärztliche Hilfe. Deshalb müssen sie sich ab dem heutigen Donnerstag vor dem Landgericht Schweinfurt verantworten.  © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Vor etwa zwei Jahren stirbt eine essgestörte 16-Jährige in Unterfranken stark abgemagert vermutlich an den Folgen der Unterernährung.

Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Schweinfurt übernimmt das Eltern-Paar die Verantwortung für das Geschehen. Die Staatsanwaltschaft wirft Mutter und Vater vor, keine ärztliche Hilfe geholt haben, obwohl beide annehmen konnten, dass ihre Tochter in Lebensgefahr war.

"Wir haben uns bis zuletzt nicht vorstellen können, dass Pauline stirbt", sagte der Anwalt des Vaters im Auftrag seines Mandanten. "Ich hatte bis zuletzt gedacht, dass alles wieder gut wird. (...) Ich hätte dafür sorgen müssen, dass Pauline auch gegen ihren Willen in einem Krankenhaus behandelt wird."

Gerichtsprozesse Bayern Ex-Freundin (†18) erstochen: Staatsanwalt fordert fast 15 Jahre Haft für Teenager

Auch die Mutter der 16-Jährigen ließ von ihrem Verteidiger zu Prozessauftakt vor dem Landgericht Schweinfurt eine Erklärung verlesen. Sie habe die Gefährlichkeit der Situation nicht wahrgenommen. "Natürlich bewerte ich mein Verhalten im Nachhinein völlig anders. Ich bin sehr traurig und fühle mich Pauline gegenüber sehr schuldig."

Anzeige

Grausame Vorstellung: Tochter starb im elterlichen Bett

Die angeklagte Mutter (l.) sowie ihr ebenfalls angeklagter Ehemann (2.v.r.) haben vor Gericht die Verantwortung für das Geschehen übernommen.  © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Nach Worten von Oberstaatsanwalt Markus Küstner war die Jugendliche essgestört und mangelernährt, hatte sich kurz vor ihrem Tod im Dezember 2022 mit dem Coronavirus infiziert und litt an einer Magen-Darm-Infektion.

Der 51 Jahre alte Vater und seine 48 Jahre alte Frau aus Unterfranken sollen trotzdem keinen Arzt verständigt haben. Das psychisch labile Mädchen starb im elterlichen Bett vermutlich an den Folgen der Unterernährung.

Die Mutter wies am ersten Verhandlungstag allerdings zurück, den Tod ihrer Tochter billigend in Kauf genommen zu haben. "Sie hat selbstständig getrunken und auch immer wieder Salzstängchen gegessen", sagte der Verteidiger der Frau.

Gerichtsprozesse Bayern Sieben Tote bei Flucht vor Polizei: So lange muss Schleuser hinter Gitter

Die Familie, zu der noch zwei Kinder gehören, habe in der Corona-Pandemie sehr zurückgezogen gelebt. Die modebewusste 16-Jährige sei damals viel in sozialen Netzwerken unterwegs gewesen und habe ihre Häkelarbeiten präsentiert. Ansonsten habe das Mädchen eine Angststörung gehabt und sich deswegen gegen einen Krankenhausaufenthalt gewehrt, sagte der Anwalt der Mutter.

Erstmeldung vom 21. November, 7.42 Uhr, zuletzt aktualisiert um 12.36 Uhr.

Mehr zum Thema Gerichtsprozesse Bayern: