Tödlicher Polizeieinsatz in Mannheim: Gutachter geben Klarheit im Prozess
Mannheim - Der tödliche Polizeieinsatz im Mai 2022 in Mannheim sorgte für Proteste und politische Diskussionen. Medizinische Gutachten könnten am Ende zentral für das Urteil in dem Verfahren sein.
Der psychisch kranke 47-Jährige starb an einer "lage- und fixationsbedingten Atembehinderung" mit darauffolgender Stoffwechselentgleisung in Kombination mit einem Ersticken durch eine Blutung in die oberen Atemwege, wie Kathrin Yen, Ärztliche Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin, am Mittwoch sagte.
Ursache für das Blut in den Atemwegen sei wiederum Nasenbluten nach Schlägen auf den Kopf gewesen. Es habe sich um einen "nicht natürlichen Tod" gehandelt.
Der Mann mit kroatischen Wurzeln war bei einem gewaltsamen Einsatz der beiden Beamten am Mannheimer Marktplatz zusammengebrochen und im Krankenhaus gestorben. Er litt an einer paranoiden Schizophrenie, hatte immer wieder Wahnvorstellungen und halluzinierte.
Die Verteidigung verweist hingegen auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten, nach dem der Mann durch einen Herzstillstand nach einem Kreislaufversagen starb.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte im Mai 2022 der Arzt des Mannes im Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim die Polizisten um Hilfe gebeten. Der Mediziner hatte Angst vor einer Eigengefährdung seines Patienten.
Gutachterin: Er hat mehr Luft gebraucht
Auf diversen Videos unter anderem von Überwachungskameras ist zu sehen, wie einer der Polizisten das spätere Opfer ergreift und wie sich der Mann losreißt, bevor er überwältigt wird. Der Beamte bringt den Mann gemeinsam mit seinem Kollegen zu Boden, er fixiert den auf dem Bauch Liegenden mit dem Knie und versetzt ihm Faustschläge ins Gesicht. Der überwältigte Mann blutet aus der Nase und bleibt einige Minuten auf dem Bauch liegen. Dann regt er sich nicht mehr.
Nach Angaben der Rechtsmedizin hatte das Opfer krankhafte Veränderungen am Herzen und mehrere Psychopharmaka eingenommen. Er sei erregt gewesen und habe mehr Luft gebraucht, sagte die Gutachterin. Der übergewichtige Mann habe auf dem Bauch gelegen, die Hände auf dem Rücken, auf den Boden gedrückt.
"Man hat auch einen sehr starken Drang zu atmen, das ist hier nicht möglich gewesen", sagte Yen. "Die Vorerkrankungen spielen eine gewisse Rolle. (...) Aber die Fallumstände kann man nicht wegdenken."
Der ältere der Polizisten ist derzeit vom Dienst suspendiert und muss sich unter anderem wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge verantworten. Der jüngere Polizist ist wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung angeklagt.
Anfang März soll das Mannheimer Verfahren abgeschlossen werden.
Titelfoto: Rene Priebe/pr-video/dpa