Rehkitze überfahren und totgeschlagen: Vier Männer wegen "roher Tiermisshandlung" angeklagt
Weinheim - Rehkitze sieht man nicht im hohen Gras der Wiesen. Bei der Heumahd werden sie immer wieder von Mähfahrzeugen totgefahren. Schlimm genug, wenn das unabsichtlich passiert. Aber absichtlich? Genau das wird vier Männern zur Last gelegt. Sie stehen nun vor Gericht.
Beim Mähen von Wiesen werden mindestens drei Rehkitze lebensgefährlich verletzt und sollen anschließend einfach erschlagen worden sein. Wegen des Vorwurfs roher Tiermisshandlung in drei Fällen stehen ab Dienstag (9.30 Uhr) vier Männer vor dem Amtsgericht Weinheim.
Die Staatsanwaltschaft Mannheim legt ihnen zur Last, dass sie um die im hohen Gras verborgenen Rehbabys wussten. Doch statt die Tiere fachmännisch bergen zu lassen, mähten sie los. Das Ergebnis: Drei schwerstverletzte Tiere, die die Männer am Rande der Wiesen ablegten, so die Anklage. Einer der Männer soll die Kitze dann totgeschlagen haben.
Auf ein Angebot der Rehkitzrettung Weinheim, eine Menschenkette vor dem Mähfahrzeug laufen zu lassen, um die Tiere zu retten, seien die Angeklagten nicht eingegangen. Stattdessen hätten sie unbeeindruckt weitergemäht - auch als Kitze bereits überfahren waren.
Um unangenehme Nachfragen zu vermeiden, hätten sie auch keinen Jagdpächter gerufen, der die Tiere später von ihren Schmerzen hätte erlösen können. Zur Gerichtsverhandlung kommt es, weil alle Angeklagten die zuvor von der Staatsanwaltschaft verhängten Strafbefehle nicht akzeptiert hatten.
Die Männer hätten je nach Einkommen zwischen 4500 und 10.000 Euro zahlen müssen. Dagegen legten sie Einspruch ein.
Kleine Rehkitze haben noch keinen Fluchtinstinkt
Im vorliegenden Fall, der sich Mitte Juni 2021 in Laudenbach (Rhein-Neckar-Kreis) ereignet hatte, hatten Mitglieder der Rehkitzrettung Weinheim die Wiese frühmorgens abgesucht und darin mehrere Kitze und auch erwachsene Rehe entdeckt.
Man habe die Kitze aber nicht sofort bergen können, berichtete Michael Ehlers von der Rehkitzrettung. Da das Feld an einer Autobahn liege, sei die Gefahr zu groß gewesen, dass aufgescheuchte Rehe einen Unfall verursachen.
Stattdessen habe man den Landwirt informiert und ihm angeboten, mit der Menschenkette vor ihm herzulaufen oder alternativ die Wiese abends nochmals abzusuchen. Darauf sei der Bauer nicht eingegangen. Später hätten die Retter dann von dem traurigen Vorfall erfahren. Ehlers hatte wenige Tage später Anzeige erstattet und ist seinen Worten zufolge einer der Hauptzeugen im Prozess.
Immer wieder appellieren Tierschützer und Rehkitzretter an die Bauern, vor der Mahd ihre Wiesen absuchen zu lassen. Mit Wärmebild-Drohnen werden die Wiesen dann abgeflogen. Wird ein Kitz entdeckt, ziehen die Retter ins Feld, sichern das Kitz in Körben und bringen es in Sicherheit.
Ganz kleine Rehkitze haben noch keinen Fluchtinstinkt und drücken sich bei Gefahr bewegungslos auf den Boden - auch wenn ein Mähfahrzeug anrückt, fliehen sie nicht.
Titelfoto: picture alliance / Matthias Balk/dpa