DHL klagt nach Flughafen-Blockade gegen Klimaaktivistin: Arbeitsstunden statt Schadenersatz?
Halle (Saale)/Leipzig - Applaus, Gelächter und Zwischenrufe - kein alltäglicher Prozessauftakt am Landgericht Halle. Nach einer Blockade im Juli 2021 am Flughafen Leipzig/Halle ging es am Freitag um eine DHL-Klage gegen eine Klimaaktivistin. Das Unternehmen bot der jungen Frau einen Vergleich an und verzichtet bei Annahme auf die ursprünglich geforderten 84.000 Euro Schadensersatz. Doch die Verhandlungen scheiterten - zumindest vorerst.
54 Aktivisten der Initiative "CancelLEJ" hatten vor nun fast zwei Jahren auf dem Airport-Gelände demonstriert und sollen dort die Zufahrt zum Logistikzentrum von DHL blockiert haben. Eine von Ihnen soll die Beklagte Lisa K. gewesen sein.
Als die Hallenserin den Verhandlungssaal betrat, ertönte vereinzelt Applaus. Die Reihen waren gefüllt, vor dem Gebäude fand eine Kundgebung statt.
Das Vergleichsangebot der DHL Hub Leipzig GmbH: 80 Arbeitsstunden bei einem Aufforstungs- oder Naturschutzprojekt, ersatzweise 15 Euro pro Stunde als Spende. Zudem forderten die Vertreter einen Verzicht auf zukünftige Teilnahmen an rechtswidrigen Blockaden. Laut Anwalt sei auch gegenüber den anderen Teilnehmern die "Hand ausgestreckt, damit man eine Lösung findet."
Die Verteidigung der jungen Frau äußerte zwar eine Vergleichsbereitschaft, allerdings gebe es noch Verhandlungsbedarf - so blieb eine Einigung am ersten Tag aus.
Lisa K. berief sich während der Zivilverhandlung auf die Demonstrationsfreiheit. Nach Ansicht der Richterin sei diese "zu berücksichtigen, aber fällt nicht so schwer ins Gewicht", da sich konkret gegen einen Betrieb gerichtet wurde. Außerdem berief sie sich die Beklagte auf einen klimabedingten übergeordneten Notstand. Doch: "Das Mittel muss eine messbare Chancenerhöhung fürs Klima darstellen", so die Richterin weiter.
War der Kreisverkehr blockiert?
Auch die Zufahrtsstraßen-Frage wurde diskutiert. Während des knapp vier Stunden andauernden Protests war es zu einem erheblichen Stau und damit verbundenen Auswirkungen auf Anliefer- und Flugverkehr gekommen.
Der Verteidigung zufolge sei eine zweite Zufahrt geöffnet worden - eine Umleitung für die Lastwagen. Auch sei die Versammlung genehmigt gewesen und ordnungsgemäß durchgeführt worden.
DHL argumentierte, dass das sieben Kilometer entfernte Ausweich-Tor kein Zufahrts-Tor sei. Während die blockierte, reguläre Zufahrt für den Lieferverkehr zwei Einfahrts- und zwei Ausfahrtsspuren habe, passe durch das Umleitungs-Tor lediglich ein Fahrzeug. Zudem sei auch ein Teil des Kreisverkehrs blockiert worden.
Auf diese Aussage folgten laute "Nein"-Rufe aus dem Publikum. Lisa K. sprach das einzige Mal an diesem Tag und erklärte, dass sich "zu 100 Prozent zu keinem Zeitpunkt Menschen auf dem Kreisverkehr befunden haben, es sei denn es war Polizei oder Presse."
Der nächste Termin findet im August statt. Gegen drei weitere Klimaaktivisten wird ab Mitte Juli vor dem Landgericht Leipzig verhandelt.
Titelfoto: News5 / Grube