Clan-Mitglieder ohne Verurteilung abschieben? Spranger widerspricht Faeser
Berlin - Der Vorschlag des Bundesinnenministeriums zur Abschiebung nicht verurteilter Mitglieder krimineller Clans wird von Berlins Innensenatorin zurückhaltend bewertet.
Die bloße Zugehörigkeit zu einer Familie könne kein Entscheidungskriterium sein, teilte eine Sprecherin von Innensenatorin Iris Spranger (61, SPD) mit. "Es muss in einem Rechtsstaat stets um das individuell zurechenbare Verhalten gehen."
Allerdings gehe es dem Bundesinnenministerium in dem Diskussionspapier um eine "Angehörigkeit" zu einer kriminellen Vereinigung nach dem Strafgesetzbuch, also um eine "Mitgliedschaft" und nicht um Verwandtschaftsverhältnisse.
Klar sei, dass der demokratische Rechtsstaat alle zulässigen Möglichkeiten ergreifen müsse, um die Menschen vor Kriminalität zu schützen.
Widerstand gegen den von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (53, SPD) aufgenommenen Vorschlag zur Abschiebung von Clan-Mitgliedern gibt es beim Koalitionspartner Grüne, wie die Innenpolitikerin Irene Mihalic (46, Grüne) betonte.
Bundesinnenministerium bekommt auch von Koalitionspartner Gegenwind für Abschiebe-Vorschlag
Außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen stünden niemals zur Debatte. "Das gilt auch für Maßnahmen, die nicht strafrechtlich verurteilte Verwandte von Kriminellen genauso behandeln wie Kriminelle", sagte Mihalic dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Ein Diskussionspapier des Ministeriums sieht vor, dass eine Ausweisung bereits möglich sein soll, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist.
Ein Ministeriumssprecher hatte am Montag erläutert, dass eine Abschiebung entsprechend einer solchen Regelung einen klaren Bezug zu kriminellen Aktivitäten voraussetzt. Eine Familienzugehörigkeit zum Clan allein reiche nicht.
In Berlin ist es allerdings so, dass besonders die jüngeren Mitglieder arabischstämmiger Clans meist die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Ein Teil der älteren Mitglieder ist hingegen staatenlos und kann deswegen oft nicht abgeschoben werden.
Titelfoto: Christoph Soeder/dpa, Jens Kalaene/dpa (Bildmontage)