Verzweifelte Suche wegen explodierender Mietpreise: Kann Wohnungstausch die Lösung sein?
Hamburg - Wohnungsmangel, unverschämte Mietspiegel und Massenbesichtigungen sind auch in Hamburg Alltag jener, die teils monate- oder sogar jahrelang auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf sind. Könnte tauschwohnung.com eine Lösung sein, das Traum-Zuhause schneller zu finden? TAG24 hat mit den Verantwortlichen gesprochen.
Trotz des Schietwetters zieht es viele, vor allem junge Menschen, immer wieder in die Hansestadt. Doch auch die müssen irgendwo wohnen. Bei der Suche stellt sich schnell heraus: Der Hamburger Wohnungsmarkt gleicht einem Albtraum.
Baugenehmigungen sind in Hamburg seit Anfang dieses Jahres massiv eingebrochen. Das bestätigte auch die Stadtentwicklungsbehörde. Das Problem seien dabei fehlende Handwerker, Materialengpässe und vor allem steigende Kosten, egal wo. So wird das Schaffen von Wohnraum auch durch die massive Steigung der Zinsen deutlich verteuert. Die Folge: Viel zu wenig Wohnungsangebote und dadurch explodierende Mietpreise.
Experten zufolge ist es deshalb alles andere als verwunderlich, dass man inzwischen Kaltmieten von etwa 20 Euro den Quadratmeter verlangen müsste. Anders sei die Finanzierung des Baus von neuem Wohnraum ohne öffentliche Förderung eigentlich fast unmöglich, bestätigte Andreas Breitner, Chef des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Das berichtete die MOPO.
Wirft man als Wohnungssuchender einen Blick in die gängigen Immobilienportale wie Immobilienscout24 oder Immowelt, kommt sicherlich großer Frust auf. Denn: Mietpreise für Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen in stadtnahen Vierteln liegen locker zwischen 18 und 30 Euro pro Quadratmeter. Dazu kommen Hunderte Interessenten pro Objekt und häufig die "Wer-am-meisten-Geld-hat-bekommt-die-Wohnung"-Problematik.
Doch wie hat man überhaupt noch die Chance auf eine bezahlbare Bleibe in seiner (Wahl)-Heimat? Genau wegen dieser Frage haben John Weinert und Dario Bednarski ihr Start-up "Tauschwohnung" gegründet.
Wohnungsnot in der Hansestadt: Kann tauschwohnung.com die Suche erleichtern?
"Im Studium musste ich selber zehnmal umziehen. Dabei habe ich Wohnungstausch als einen weiteren geeigneten Weg auf der Suche nach einer Wohnung entdeckt. Tatsächlich war ich damals einfach selbst in Wohnungsnot", erklärte John Weinert, einer der Geschäftsführer und Gründer des Portals tauschwohnung.com auf Nachfrage von TAG24, wie es zu der Idee kam, eine Tauschbörse für Wohnraum zu gründen.
Gemeinsam mit seinem Partner Dario Bednarski hat er das Projekt 2016 neben seinem Vollzeitjob ins Leben gerufen. Seit etwa zwei Jahren machen die beiden das ganze zusammen mit ihrem Team nun richtig professionell, erklärte Eleni Rourou, Assistenz der Geschäftsführung.
Die Idee, die eigene Wohnung einfach direkt mit jemand Passendem zu tauschen, scheint gut anzukommen. Im Jahr 2022 hätten etwa 2000 Nutzer ihre Wohnungen über das Portal getauscht. Und generell würden im Schnitt in Deutschland zwei bis drei Wohnungen pro Tag erfolgreich untereinander vermittelt werden, so Rourou weiter.
Von der Online-Marketing-Managerin des Unternehmens konnten wir außerdem herausfinden, was es mit dem Konzept der Plattform auf sich hat, welche Erfolgsgeschichten es in Hamburg gibt und inwiefern Suchende von dem System profitieren können.
Tauschwohnung.com auf Instagram
Carsten hat seine Wohnung in Hamburg getauscht
Das Besondere an "Tauschwohnung" ist, dass man sein Zuhause nicht auf eine begrenzte Zeit, wie beispielsweise während des Urlaubs oder eines Auslandsaufenthalts, tauscht, sondern dauerhaft. "Auf unserer Plattform tauschwohnung.com können Mieter ihre Wohnung, ihr WG-Zimmer und sogar Häuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz einstellen. Dort können sie dann andere Mieter finden, mit denen sie tauschen können. Und das auf Langzeit", so die Online-Marketing-Managerin.
Auch in der norddeutschen Metropole gäbe es einige gute Beispiele für einen gelungenen Wohnungstausch, erzählte sie. Einer davon ist Carsten. Er war etwa ein halbes Jahr auf Suche, bis er auf das Portal "Tauschwohnung" gestoßen ist.
Er wollte von einer größeren in eine kleinere Wohnung ziehen. Nach knapp zwei Monaten habe er 106 Anfragen und 3000 Beobachter gehabt, erzählt er in einem Video. Letztlich hatten sich beide Parteien einigen können und er fand so stressfreier und unkomplizierter seine neue Wohnung.
Nichtsdestotrotz ist es nicht immer so einfach, wie es klingt. Auch bei einem Wohnungstausch gibt es Aspekte, die von Nutzern beachtet werden müssen.
Alte Mietverträge können aktuell noch nicht weitergegeben werden
Um gute Chancen auf ein sogenanntes "Match" zu haben, empfiehlt die Marketing-Managerin ein qualitativ hochwertiges Inserat mit Bildern und einer aussagekräftigen Beschreibung der Wohnung. Das wichtigste allerdings sei, dass man die Vermieter vorher immer informiert und um Erlaubnis bittet. "Wenn diese dann letztlich zustimmen, was erfahrungsgemäß auch meistens der Fall ist, kann man den Tausch dann auch angehen. Das wichtigste ist einfach, dass beide Parteien zustimmen", erklärte die Assistentin der Geschäftsleitung.
Sollte es zu Problemen kommen, bietet "Tauschwohnung" den Service an, mit den Vermietern zu sprechen. "Wir erklären ihnen dann das Konzept. Häufig wissen viele noch nichts davon."
Bei einer Sache kann das Team allerdings aktuell noch nicht weiterhelfen: die Übernahme des alten Mietvertrags. "Aktuell ist es noch nicht so, dass man den Vertrag mit übernimmt. Dazu soll es aber bald hoffentlich ein Recht zu geben." Das Recht auf einen Wohnungstausch beispielsweise zwischen Senioren und Familien fordert aktuell Die Linke. "So können Senioren in eine kleinere Wohnung ziehen, ohne am Ende mehr Miete zu zahlen", begründet Caren Lay (50, Die Linke).
Ob Tausch oder nicht, Vermieter haben also trotzdem noch die volle Freiheit darüber, wie hoch sie die Miete bei Neubezug ansetzen. "Aber wir haben bei Mietern des häufigeren nachgefragt und die Rückmeldung erhalten, dass die Erhöhung letztendlich gar nicht so hoch ausgefallen ist. Häufig waren es maximal um die zehn Prozent", berichtet die Marketing-Managerin.
Die Wohnungssuche kostet Geld
Doch auch die Wohnraumbörse ist nicht umsonst. Tauschwohnung.com arbeitet mit dem Abo-Modell. So müssen sich Suchende darauf einstellen, dass sie spätestens ab dem dritten Kontakt monatliche Kosten für ihre Suche aufbringen müssen, zumindest die, die in Städten wie Hamburg, Berlin, Köln oder München einen Wohnsitz brauchen. Die Kosten belaufen sich dabei in diesen Städten aktuell auf 14,99 Euro im Monat. In Potsdam, Freiburg oder Dresden sind es nur 7,49 Euro.
Die unterschiedlichen Preise würde sich durch die Anzahl der Deals errechnen, die in den jeweiligen Orten erwartet werden können, heißt es. "Wenn wir jetzt in kleineren Städten, in denen wenig 'Matches' zustande kommen, den gleichen Preis nehmen würden, wäre das wahrscheinlich auch ein wenig unfair. Besonders dann, wenn jemand ins Umland tauschen möchte, werden die 'Matches' ja viel geringer, wie innerhalb von Berlin oder Hamburg."
Generell gäbe es aber eine 14-tägige Testphase, in denen Nutzer checken können, ob die Plattform ihnen überhaupt nützt und ob passende Tauschangebote in der gewählten Region verfügbar sind.
Titelfoto: Montage: macronomy/123rf, tauschwohnung.com