FC St. Pauli stellt Blindenfußball in Schulen vor: "Auf dem Platz fühle ich mich frei"

Hamburg - Mit dem Programm "Check Voy!", das im Rahmen der UEFA EURO 2024 ins Leben gerufen wurde, bringt der FC St. Pauli den Blindenfußball an Schulen. Cheftrainer Wolf Schmidt (59) besuchte am Donnerstag gemeinsam mit Nationalspieler Rasmus Narjes (24) und Co-Trainer Jonas David die Grundschule St. Pauli und bot den Kindern die Möglichkeit, sich spielerisch mit dem Thema Blindheit auseinanderzusetzen und den Sport kennenzulernen.

V.l.n.r.: Cheftrainer Wolf Schmidt (59), Nationalspieler Rasmus Narjes (24) und Co-Trainer Jonas David stellten das Projekt "CheckVoy!" in der Grundschule St. Pauli vor.
V.l.n.r.: Cheftrainer Wolf Schmidt (59), Nationalspieler Rasmus Narjes (24) und Co-Trainer Jonas David stellten das Projekt "CheckVoy!" in der Grundschule St. Pauli vor.  © Trinity Schlosser/TAG24

Die Schülerinnen und Schüler zeigten trotz knapper 30 Grad in der Sporthalle reges Interesse an dem Projekt.

Doch bevor es wirklich mit dem rasselnden Ball auf den Platz ging, übten die Drittklässler zunächst das, was bei Blindenfußball am wichtigsten ist: Kommunikationsfähigkeit.

Denn nur dann funktioniere ein gutes Zusammenspiel auf dem Platz, wie der Cheftrainer im Gespräch mit TAG24 erklärte. "Man muss agieren und gleichzeitig sogar Fehler kommunizieren", so Schmidt. "Und das ist etwas, was in unserer Gesellschaft hochgradig schwer ist, weil alle perfekt sein wollen. [...] Aber nur durch das Formulieren von einem Fehler funktioniert auch ein Zusammenspiel."

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Um sich zumindest in kleinen Teilen in die Lage eines wirklich blinden Fußballers reinzufühlen, erhielten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Maske, die auch im offiziellen Blindenfußball getragen wird. Zusätzlich beantwortete St.-Pauli-Profi Rasmus Narjes die Fragen der kleinen Kicker, präsentierte ihnen seinen Blindenstock und erzählte, wie es sich für ihn anfühlt durch den Alltag zu gehen und das Leder am Fuß zu haben.

Gegenüber TAG24 gab der Nationalspieler zu: "Nur auf dem Platz fühle ich mich frei. Dort fühle ich mich sicher. Auf der Straße stehen E-Scooter, die hat Hubbel."

Nur gemeinsam stark im Blindenfußball

Die Kinder durften eine Dunkelbrille aufsetzen und ein Blindenfußball-Spiel bestreiten. Teile der Schülerinnen und Schüler schlüpften in die Rolle des sehenden Assistenten.
Die Kinder durften eine Dunkelbrille aufsetzen und ein Blindenfußball-Spiel bestreiten. Teile der Schülerinnen und Schüler schlüpften in die Rolle des sehenden Assistenten.  © Alice Nägle/TAG24

Für die Kinder war das Rollenspiel, bei dem sie als sehender Assistent oder als Spieler mit Augenbinde diese besondere Facette des Fußballs kennenlernen durften eine Herausforderung, die aber wiederum Spaß brachte.

"Ich freue mich, dass uns sowas möglich gemacht wird, dass wir sowas kennenlernen dürfen", erklärte ein Kind, nachdem alle einmal ein Spiel gemeinsam mit dem Profi absolviert hatten. Ein anderer Schüler wiederum bestätigte "Ich finde die Sportart toll. Es ist cool, mal zu sehen, wie das so ist, wenn man blind ist."

Viele sprachen auch davon, dass es spannend zu erleben ist, wie sehr es darauf ankommt, seinen Mitspielern zu vertrauen und sich gemeinsam einer Herausforderung zu stellen.

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Auch Schmidt möchte mit dem Projekt die Wichtigkeit der Gemeinschaft betonten - gerade im Blindenfußball. "Man kann nur mit Sehenden und Blinden gemeinsam agieren. Alle zu integrieren und alle mitzunehmen, ist eine Herausforderung. Es ist manchmal auch sehr anstrengend, aber das ist genau der Reiz, dass jeder und jede mit ihren und seinen Fähigkeiten einen idealen Platz findet."

Gerade weil es blinden Menschen häufig schwerfalle, einen "Platz" in der Gesellschaft zu finden, soll der Blindenfußball ein "Safe-Space" sein, bei dem man gegenseitig nur voneinander profitieren kann. "Und auch einen Fehler zu erleben und darüber gemeinsam zu lachen, ist doch das Schönste. Nur so kommt man im Lernen gemeinsam voran", betonte der 59-Jährige abschließend.

Nationalspieler Rasmus Narjes (24) erklärte den Kindern, wie er seinen Alltag als blinder Mensch bestreitet.
Nationalspieler Rasmus Narjes (24) erklärte den Kindern, wie er seinen Alltag als blinder Mensch bestreitet.  © Alice Nägle/TAG24

Um Teil des besonderen Projekts zu sein, können Schulen sich über die Webseite "Check Voy!" anmelden. Die Idee zu der Erlebnis-Dimension stammt von Blindenfußball-Profi Serdal Çelebi (40) und ist eines von 15 Gewinnerprojekten des Ideenwettbewerbs "Hamburg - Deine EURO".

Gefördert wird die Initiative von der Behörde für Inneres und Sport, sowie der Alexander-Otto-Sportstiftung.

Titelfoto: Bildmontage: Alice Nägle/TAG24, Trinity Schlosser/TAG24

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