Hamburger Linke fordert Rücktritt von Polizeipräsident Meyer
Hamburg - Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hat im Zusammenhang mit dem vom Hamburger Amokschützen verfassten Buch den Rücktritt von Polizeipräsident Ralf-Martin Meyer (63) gefordert.
Meyer hatte auf der Pressekonferenz am 14. März erklärt, das Buch "Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan" sei von der Waffenbehörde nicht entdeckt worden, Experten hätten bestätigt, dass es nicht zu finden gewesen sei.
In der am Mittwoch veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken räumte der Senat nun jedoch ein, dass das Machwerk den Behörden doch bekannt gewesen sei, diese aber nichts unternommen hätten.
"Entweder Meyer hat die Öffentlichkeit bewusst getäuscht oder er weiß nicht, was innerhalb der Polizei vor sich geht - so oder so ist er dadurch als Polizeipräsident nicht mehr tragbar", sagte der Linken-Innenexperte Deniz Celik (44).
Die Linke: Polizeipräsident Meyer und Innensenator Grote müssten Konsequenzen ziehen
Dass die Waffenbehörde den Titel "Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und den Satan" nicht alarmierend gefunden habe, zeigt für Celik ein fehlendes Problembewusstsein. "Angesichts des anonymen Schreibens mit dem Hinweis auf den Hass des späteren Amokschützen auf die Zeugen Jehovas hätten bei dem Buchtitel dann nun wirklich alle Alarmglocken schrillen müssen."
Dass dies nicht geschehen sei, sei ein Versagen der Waffenbehörde, für das Meyer und Innensenator Andy Grote (54, SPD) die politische Verantwortung trügen und Konsequenzen ziehen müssten.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Linken erklärte der Senat, dass im Rahmen der Recherche Ende Januar bei der Suche in einer Suchmaschine bei Eingabe des Namens des Täters und des Begriffs "Buch" keine Treffer erzielt worden seien.
"Bei einer weiteren Recherche auf der Webseite des Täters wurde - wie inzwischen rekonstruiert werden konnte - unter "Publications" das Buch des Täters "Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan" gefunden." Allein den Titel habe die Waffenbehörde aber nicht als ausreichenden Hinweis bewertet, der Zweifel an der waffenrechtlichen Eignung und damit weitere Maßnahmen der Behörde hätten begründen können.
Der 35 Jahre alte Philipp F. hatte vor rund zwei Wochen bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg sieben Menschen getötet - darunter ein ungeborenes Kind. Anschließend brachte er sich selbst um. Neun weitere Menschen wurden bei der Amoktat verletzt.
An diesem Samstagnachmittag wollen die Zeugen Jehovas in der Alsterdorfer Sporthalle der Opfer der Amoktat gedenken. Neben den Angehörigen der Hinterbliebenen und der überlebenden Opfer seien 53 Hamburger Gemeinden von Jehovas Zeugen eingeladen sowie Vertreter aus Politik und Behörden.
Titelfoto: Marcus Brandt/dpa